
Psyche im Alter: Was sich verändert und wo die Gefahren liegen
Das Risiko für bestimmte psychische Erkrankungen ist im Alter erhöht. Einige Krankheiten – darunter Angststörungen – wurden bei Senior:innen lange unterschätzt. Diese Besonderheiten gilt es bei der Psyche im Alter zu beachten.
Psyche im Alter: Neue Herausforderungen – © Canva
Angst und Ängstlichkeit können die Psyche älterer Menschen stark belasten. Die Sorgen vor dem Älterwerden selbst sowie vor den damit zusammenhängenden Veränderungen des Körpers können Ängste genauso auslösen wie ein bedrohliches Erlebnis im fortgeschrittenen Alter. Dazu gehört etwa ein Sturz oder ein Betrug, dem man aufgesessen ist. Eine Folge von Ängsten im Alter kann soziale Isolation bedeuten, etwa weil man sich alleine nicht mehr aus der Wohnung traut oder abends an Veranstaltungen nicht mehr teilnimmt, beispielsweise aus Angst vor Stürzen in der Dunkelheit. Ein Kreislauf aus Rückzug und Verstärkung der psychischen Symptome kann dabei entstehen.
Doch nicht nur Angststörungen oder ängstliche Verstimmungen gelten als Belastungen der Psyche im Alter. Insbesondere Erkrankungen wie Demenz, Depression oder Suchterkrankungen sind häufige psychische Krankheiten im Lebensabend. Viele Senior:innen sind von entsprechenden psychischen Problemen betroffen. In pflegenden Einrichtungen ist es sogar der Großteil den Patient:innen. In diesem Artikel widmen wir uns daher den Besonderheiten der Psyche im Alter.
Überblick: Psyche im Alter
Erhalten Sie hier Antworten auf folgende Fragen rund um die Entwicklung der Psyche im Alter:
- Wie belastet die Angst vorm Älterwerden die Psyche?
- Welche Gründe gibt es für die Angst vorm Altwerden?
- Welche Besonderheiten gilt es, hinsichtlich der Psyche im Alter zu beachten?
- Wie verändert sich die Persönlichkeit im Alter?
- Was sind typische psychische Erkrankungen im Alter?
- Wie macht sich Altersdepression bemerkbar?
- Welche Wesensveränderungen durch Depression im Alter sind bekannt?
- Weshalb ist Aggression im Alter ein verbreitetes Thema?
- Welche Bedeutung haben Angststörungen im Alter?
- Wie zeigt der Körper, dass die Psyche im Alter leidet?
- Was tun, wenn sich die Psyche der Eltern im Alter verändert?
- Wie hoch ist das Suizidrisiko im Alter?
- Welche Therapie der Psyche ist im Alter hilfreich?
- Was ist die Gerontopsychotherapie?
- Wie hilft die Phytotherapie der Psyche im Alter?
Gerontophobie: Wenn die Angst vorm Älterwerden die Psyche belastet
Zukunftsängste oder sich ab und zu Sorgen um das Älterwerden und die körperlichen, finanziellen sowie sozialen Veränderungen im Senior:innen-Alter zu machen, ist durchaus normal. Mit zunehmendem Lebensalter wird uns die eigene Endlichkeit bewusst und wir stehen vor ganz neuen Herausforderungen im Leben. Nicht umsonst gibt es den Begriff des „Pensionsschocks“. Ein Zustand der inneren Krise, bei dem das bisher Bekannte nicht mehr gilt und die neue Art zu leben noch nicht gänzlich bekannt ist.
Neben diesen nachvollziehbaren und angemessenen Sorgen gibt es allerdings auch die sogenannte Altersangst. Sie wird zu den Angststörungen gezählt und in der Fachsprache als Gerontophobie bezeichnet. Der Begriff leitet sich vom altgriechischen Wort géron ab, das für „Greis“ steht. Unter dieser speziellen Phobie versteht man nicht nur die Angst vor alten Menschen, sondern eben auch die exzessive Angst vor dem Älterwerden selbst.
Betroffene versuchen, den Gedanken als Altwerden zu verdrängen oder erleben eine belastende, starke, irrationale sowie tiefsitzende Angst vorm Altern. Zur Gerontophobie können die folgenden Symptome gehören:
- Tiefsitzende Angst vor der eigenen Sterblichkeit
- Angst, den gesellschaftlichen Stellenwert und damit einen Teil der eigenen Identität zu verlieren
- Existenzielle finanzielle Ängste hinsichtlich der Pension
- Starke Angst vor dem Verlust der Selbstständigkeit
- Irrationale Ängste vor Isolation und bzw. oder Einsamkeit
- Intensive Angst vor Erkrankungen
- Ängste betreffend die Reduktion des Fitnesslevels
- Große Angst vor äußeren Altersanzeichen
Gründe für die Angst vorm Altwerden
Die Gründe für die Angst vorm Altern sind vielfältig und können mit persönlichen Erfahrungen sowie mit gesellschaftlichen Stereotypen in Zusammenhang stehen. Zu Ursachen für die Gerontophobie zählt man unter anderem:
Verlustängste |
Das Altern geht mit verschiedenen Verlusten einher: Beruf, Äußeres, Gesundheit sowie Beziehungen verändern sich. Die Angst vor diesen Verlusten kann erheblich sein. |
Gesellschaft |
Alter wird in unserer Gesellschaft mit einem Verlust der Attraktivität sowie Produktivität assoziiert. Diese Stereotype können die Angst vor dem Älterwerden begründen. |
Erfahrungen |
Persönliche Erfahrungen mit dem Älterwerden – etwa die Pflege demenzkranker Angehöriger – können die Angst vor dem eigenen Altern begünstigen. |
Existenz |
Je älter wir werden, desto eher sind wir mit unserer eigenen Sterblichkeit konfrontiert, was zu existenziellen Ängsten führen kann. |
Körper |
Im Zuge des Alterns verändern sich etwa der Hormonspiegel und neurologische Aspekte, was Ängstlichkeit verstärken und die Emotionsregulation beeinträchtigen kann. |
Werte |
In der westlichen Kultur gilt die Jugend als besonders wertvolle Lebensphase, wodurch das Älterwerden als Verlust des wichtigen Wertes der Produktivität erlebt werden kann. |
Medien |
Insbesondere in Medien wird Alter häufig negativ dargestellt, was die Angst vorm Älterwerden zusätzlich schüren kann. |
Welche Besonderheiten gibt es hinsichtlich der Psyche im Alter zu beachten?
Im Alter erleben Menschen eine Vielzahl an Veränderungen, die einen realen Verlust bedeuten oder als Verlust erlebt werden können. Die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt ab, bei Belastung ist zunehmend Abgeschlagenheit wahrzunehmen und spezielle Fähigkeiten wie Konzentration, Hören oder Sehen können langsam abnehmen.
Überdies sind Ältere häufiger sowie länger krank als sie es womöglich von früher gewohnt sind und im Alter nimmt die Anzahl mehrerer (chronischer) Krankheiten gleichzeitig – wie Diabetes, Arthritis oder Herzkrankheiten – tendenziell zu. Nicht nur Symptome von Herz und Kreislauf, sondern auch vermehrte Schmerzen sowie degenerative Erscheinungen an den Gelenken wie Arthrose, die zu Gelenkschmerzen führen können, nehmen zu. Zusätzlich ist Schwindel ein Symptom, das im Alter vermehrt auftritt. Mit dem Älterwerden kommt für einige Menschen auch die Angst vor dem Verlust der Selbstständigkeit – etwa im Zuge körperlicher Einbußen oder einer Alzheimer-Erkrankung – hinzu. Und das sind nur die körperlichen Aspekte des Alterns.
Zusätzlich dürfen die sozialen Aspekte des Alters nicht außer Acht gelassen werden: Der Übergang vom Berufsleben in die Pension kann mit einem erheblichen Verlust des eigenen Selbstwertes, einer gelebten Identität und regelmäßigen sozialen Kontakten einhergehen. Auch äußere Altersanzeichen wie graue Haare, Haarausfall oder Falten belasten einige Menschen im Zuge des Alterungsprozesses deutlich. Je älter Menschen werden, desto eher fallen auch konkrete Zukunftsvisionen und Ziele weg. Überdies müssen wir uns mit zunehmendem Alter auch vermehrt mit schweren Erkrankungen und Todesfällen im Umfeld auseinandersetzen.
Diese vielfältigen Herausforderungen und erheblichen Veränderungen können die Psyche von Menschen deutlich belasten und entsprechend sowohl das erstmalige Auftreten sowie die Verstärkung von psychischen Erkrankungen begünstigen.
Besonderheit der Psyche im Alter: Diagnose wird schwieriger
Um Erkrankungen der Psyche im Alter zu diagnostizieren, braucht es seitens der Ärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen besonderes Fachwissen sowie Fingerspitzengefühl. Denn insbesondere im höheren Alter ist es oft schwierig, psychische Erkrankungssymptome von zu erwartenden Veränderungen des Alterungsprozesses sowie rein körperlichen Krankheiten abzugrenzen. Es ist ganz normal, dass sowohl organische als auch körperliche Fähigkeiten mit zunehmendem Alter nachlassen. Entsprechend herausfordernd ist es, degenerative Prozesse wie Vergesslichkeit oder verminderte geistige Anpassungsfähigkeit von Symptomen psychiatrischer Erkrankungen zu unterscheiden.
Medikamentöse Therapie von psychischen Erkrankungen im Alter herausfordernd
Generell gilt bei der medikamentösen Therapie von älteren Menschen zu beachten, dass sie Arzneien teilweise anders verstoffwechseln als Junge. Durch die organischen Veränderungen im Alter kann es sein, das Psychopharmaka – also Medikamente, die auf die psychische Verfassung einwirken – bei Senior:innen teilweise stärker bzw. anders wirken und zum Teil intensivere Nebenwirkungen hervorrufen können. Aufgrund der im Alter häufig vorherrschenden Mehrfacherkrankungen nehmen ältere Menschen meist bereits verschiedene Arzneimittel ein, was einerseits zu häufigeren Wechselwirkungen mit Psychopharmaka führen kann.
Andererseits gibt es Arzneimittel, die bei Älteren Verwirrtheit oder Vergesslichkeit hervorrufen können, was die Abgrenzung von Nebenwirkungen und psychiatrischen Symptomen herausfordernd gestalten kann. Erschwerend kommt hinzu, dass manche ältere Patient:innen mit der korrekten und regelmäßigen Einnahme von Arzneimitteln überfordert sind oder ein Unwille gegen die Anwendung von Medikamenten besteht, was zu weiteren Problemen in der medikamentösen Behandlung psychischer Erkrankungen im Alter führen kann.
Wie verändert sich die Persönlichkeit im Alter?
Früher nahm man an, dass die Persönlichkeit in späteren Lebensphasen so gefestigt ist, dass sie sich kaum mehr verändert. Heute weiß man hingegen, dass die Veränderungen der Persönlichkeit bei Menschen über 70 Jahren genauso häufig und intensiv sind, wie im jüngeren Alter. Das bedeutet, dass sich auch die Persönlichkeit von älteren Menschen ebenso wie bei jungen Erwachsenen in verschiedene Richtungen entwickeln kann.
Typische psychische Erkrankungen im Alter: 3 D – Depression, Demenz & Delir
Ist von der Psyche im Alter die Rede, fällt häufig der Begriff der „3 D“. Damit sind die Anfangsbuchstaben der häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter gemeint: Depression, Demenz und Delir. Man unterscheidet dabei
- Menschen, die bereits im jüngeren Lebensalter von einer psychischen Erkrankung betroffen waren und mit dieser altern
- Personen, die erst im Alter eine psychische Störung entwickeln
- Patient:innen mit Mehrfacherkrankungen, also mit organischen sowie psychiatrischen Krankheiten
Die drei D können im Alter sowohl als einzelne Erkrankungen als auch gemeinsam auftreten, was Diagnosen sowie Behandlungen erschwert und dazu führt, dass diese psychischen Erkrankungen häufig mit typischen organischen Krankheitsbildern des Alters verwechselt werden.
Während Depressionen und Demenzen sich schleichend entwickeln können, kommt es bei einem Delir zu einem plötzlichen Versagen von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Gedächtnis und problemlösendem Denken (zusammengefasst unter dem Begriff Kognition). Delirien werden zu den häufigen Komplikationen bei Menschen über 80 Jahren gezählt. Denn das Alter gilt an sich bereits als Risikofaktor für die Entwicklung eines Delirs. Doch auch eine bestehende Demenz, Mehrfacherkrankungen, Entgleisungen des Elektrolythaushalts sowie die Behandlung mit mehreren Medikamenten gleichzeitig erhöhen das Risiko für ein Delir.
Demenz im Alter
Man schätzt, dass in Österreich bis zu 130.000 Menschen von einer Form der Demenz betroffen sind. Die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, nimmt mit steigendem Alter deutlich zu. Die Erkrankung zeigt sich in einem Symptomkomplex, der die folgenden Beschwerdebilder umfasst:
- Beeinträchtigung der Kognition
- Verhaltensveränderung (inklusive psychischer Störungen)
- Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags
Bei der Demenz handelt es sich um eine anhaltend fortschreitende Erkrankung, die nicht nur Betroffene, sondern auch deren Angehörige vor enorme Herausforderungen stellen kann.
Wie macht sich Altersdepression bemerkbar?
Rund 20 % der Älteren entwickeln eine sogenannte Altersdepression. Bei Menschen in Pflegeeinrichtungen liegt der Anteil noch höher bei bis zu 40 %. Obwohl die Depression im Alter damit eine häufige psychische Erkrankung ist, wird sie nicht selten übersehen, da etwaige Symptome als „Wunderlichkeit“, „Weinerlichkeit“ oder eine Form von Altersstarrsinn abgetan werden. Dabei zeigen sich psychische Symptome der Demenz ähnlich wie bei jungen Menschen. Dazu gehören:
- Lustlosigkeit
- Freudlosigkeit
- Antriebslosigkeit
- Reizbarkeit
- Aggressivität (vor allem bei männlichen Patienten)
- Weinanfälle
- Rückzug
- Desinteresse an Geschehnissen oder Personen
- Suizidgedanken
Doch auch körperliche Beschwerden können Symptome der Depression im Alter sein. Dazu gehören:
- Schwindel
- Kopfschmerzen
- Schlafprobleme
- Sensibilitätsstörungen der Glieder
- Rückenschmerzen
- Herzrhythmusstörungen
- Anhaltende Müdigkeit
- Probleme mit Magen und Darm (insbesondere Verstopfung)
- Störungen der Konzentration
- Verlust von Appetit
- Innere Unruhe
- Nervosität
- Probleme mit der Atmung
Viele der genannten Beschwerden treten organisch bedingt im Alter häufiger auf als im jüngeren Erwachsenenalter. Das ist mit ein Grund, weshalb die Altersdepression übersehen werden kann. Da auch selbstverletzendes Verhalten sowie Suizidgedanken Teil des Symptomkomplexes der Altersdepression sein können, ist es unerlässlich, Depressionen im Alter mittels Psychotherapie sowie bei Bedarf mit medikamentöser Therapie zu behandeln.
Wesensveränderung durch Depression und Demenz im Alter
Betrachtet man die Psyche im Alter, zeigen viele Menschen in dieser Zeit Veränderungen der Persönlichkeit. Diese werden häufig als Starrsinn und Eigenwilligkeit im Zuge des Alterns missinterpretiert, weshalb bestimmte psychische Erkrankungen oft spät entdeckt werden. Dazu kommt, dass besonders ältere Patient:innen dazu neigen, ihren Gemütszustand zu verschweigen und stattdessen über organische Beschwerden wie Schmerzen oder Verdauungsprobleme sprechen. Wesensveränderungen von Senior:innen sollten daher nicht sofort als „Schrulligkeit“ abgetan werden, denn insbesondere in den Anfangsstadien von Demenz und Depression können sich die Erkrankungen auch in unspezifischen Veränderungen der Persönlichkeit zeigen. Dazu gehören:
- Verstärktes Misstrauen
- Wiederholung der immer gleichen Fragen
- Stimmungsschwankungen
- Gereiztheit
- Antriebslosigkeit
- Vergesslichkeit
- Ängstlichkeit
- Gleichgültigkeit gegenüber sozialen Kontakten
- Vermindertes Interesse an Dingen, die früher Spaß gemacht haben
- Probleme bei der Orientierung
- Missinterpretation von Gefahren
- Wortfindungsstörungen
- Vehementes Bestreiten von Verwechslungen oder Fehlern
- Nächtliches Umherwandern
Aggression im Alter
Manchen Menschen wird im Alter eine plötzlich auftretende Boshaftigkeit unterstellt. Im Umfeld werden sie dann als zunehmend schwierig, stur oder starrsinnig beschrieben. Aggressivität im Alter kann allerdings auch eine Begleiterscheinung der Veränderungen der Psyche älterer Menschen sowie ein Symptom psychiatrischer Erkrankungen sein. Insbesondere Männer zeigen etwa bei einer depressiven Störung nicht nur bekannte Symptome der Antriebs- und Lustlosigkeit, sondern tendenziell auch aggressives Verhalten.
Aggression ist darüber hinaus stark mit bestimmten Formen der Demenz verknüpft. Nicht jede:r Patient:in mit Demenz wird aggressiv, aber je nach Verlauf und Art der Krankheit muss mit Voranschreiten der Erkrankung mit verstärkter Reizbarkeit, Aggression und Wutausbrüchen gerechnet werden. In manchen Fällen steigert sich die Aggressivität im Zuge der Demenz bis hin zu körperlicher Gewalt, was eine enorme Herausforderung für Angehörige und pflegendes Fachpersonal bedeuten kann. Mögliche Gründe für das verstärkt aggressive Verhalten im Zuge einer Demenzerkrankung sind unter anderen:
- Verwirrung – verändern sich gewohnte Rituale, kann das zu Wutausbrüchen führen
- Frustration – das Gefühl, in der eigenen Erlebenswelt nicht verstanden oder ernst genommen zu werden, kann Aggressionen auslösen
- Überforderung – Lärm oder zu viele anwesende Menschen können Demenzerkrankte überfordern, einige reagieren mit aggressivem Verhalten
- Enthemmung – bei speziellen Formen der Demenz ist die sexuelle Enthemmung als Form der Aggression typisch, was zu unangemessenem Verhalten führen kann.
Angststörungen im Alter
Ähnlich wie bei der Depression werden auch Angsterkrankungen im Alter tendenziell übersehen. Auch Symptome der Angst äußern sich bei älteren Menschen bisweilen besonders stark über organische Beschwerden. Dazu gehören
- Schmerzen
- Atemnot
- Schlafstörungen
- Schwindel
Dahinter können selbstredend auch organische Ursachen stecken, weshalb Angst im Alter immer wieder mit körperlichen Erkrankungen verwechselt und als Begleitsymptom des Älterwerdens bewertet wird. Hinzu kommt, dass ängstliche Symptome dem Umfeld weniger auffallen, als dies bei jüngeren Menschen der Fall ist, da Anzeichen wie sozialer Rückzug oder Vermeidung von als bedrohlich erlebten Situationen als etwa ein erhöhtes Ruhebedürfnis im Senior:innen-Alter abgetan werden.
Häufigkeit von ängstlicher Psyche im Alter
Auch wenn sie häufig übersehen werden, sind Angstzustände im Alter keine Seltenheit. Man schätzt, dass rund 10 % der älteren Menschen von Angststörungen betroffen sind. Die häufigste Form der Angst im Alter ist die generalisierte Angststörung. Dabei kommt es zu anhaltenden, unspezifischen Ängsten, die zahlreiche Bereiche des Lebens umfassen und nicht nur konkrete Situationen oder Dinge betreffen. Während Panikstörungen mit Panikattacken insgesamt im Alter weniger oft auftreten als bei Jungen, sind mit rund 7 % der über 65-Jährigen nahezu genau so viele Menschen im Alter von einer Phobie wie etwa der Agoraphobie betroffen wie jüngere Personen. Eine besondere Rolle spielt bei Angst im Alter die sogenannte Herzneurose. Darunter versteht man die krankhafte „Herzangst“, bei der Menschen eine tiefsitzende Angst vor einem Herzstillstand erleben, obwohl das Herz organisch gesund ist.
Psyche im Alter: Darum wird krankhafte Angst oft übersehen
Spezifische Angstsymptome werden im Alter teilweise als alterstypisches Verhalten missinterpretiert. Dazu gehören:
- sozialer Rückzug
- Vermeidung von Veranstaltungen
- zunehmende Einschränkung des Bewegungsradius
Darüber hinaus hält das Alter eine Vielzahl von zu bewältigenden Herausforderungen bereit, vor deren Bewältigung sich ältere Menschen oft zurecht fürchten. Dazu gehören finanzielle Einbußen, organische Erkrankungen, der Verlust der Selbstständigkeit oder von geliebten Menschen. Für außenstehende Angehörige sowie für Mediziner:innen ist es nicht immer einfach, zwischen begründbaren Ängsten sowie krankhaften Angststörungen im Alter zu unterscheiden.
Auswirkungen der Angst auf die Psyche im Alter
Werden Angsterkrankungen im Alter übersehen, kann das verschiedene Auswirkungen auf Senior:innen haben, aus denen bisweilen auch ein Teufelskreis aus Vermeidungsverhalten und verstärkter Angst entstehen kann. Zu den möglichen Folgen der Angst im Alter gehören:
- Deutliche Einbußen der Lebensqualität
- Soziale Isolation
- Zusätzliche Entwicklung einer Depression
- Medikamentenmissbrauch
- Alkoholabhängigkeit
Aufgrund dieser erheblichen Komplikationen einer unbehandelten Angststörung im Alter ist es unerlässlich, entsprechende Angst-Symptome frühzeitig zu erkennen und krankhafte Angst zu behandeln.
Wie zeigt der Körper, dass die Psyche im Alter leidet?
Psychische Belastungen und Erkrankungen im Alter können sich auch auf körperlicher Ebene zeigen. Nicht immer ist es einfach, entsprechende Symptome von organischen Ursachen zu unterscheiden. Der Körper kann seelisches Leid etwa in folgenden beispielhaften Beschwerden zeigen:
- Einschlafprobleme
- Durchschlafprobleme
- Schwindel
- Reizdarm
- Verstärkte Schmerzen
- Herzbeschwerden
- Atemschwierigkeiten
- Verspannungen
Umgekehrt muss man allerdings auch beachten, dass organische Erkrankungen zu Persönlichkeitsveränderungen älterer Menschen führen können. Wesensveränderungen können ein Symptom der folgenden körperlichen Krankheiten sein:
- Erkrankungen der Lunge
- Bestimmte Herzkrankheiten
- Rheuma
- Krebserkrankungen
- Schilddrüsenüberfunktion
- Schilddrüsenunterfunktion
- Stoffwechselkrankheiten
Was tun, wenn sich die Psyche der Eltern im Alter verändert?
Der Umgang mit älteren Eltern erfordert oft viel Geduld und Einfühlungsvermögen, besonders wenn sie sich plötzlich aggressiv, misstrauisch oder zurückgezogen verhalten. Solche Wesensveränderungen werden oft vorschnell als normale psychische Folge des Alters interpretiert, können aber auch auf Erkrankungen wie Demenz hinweisen, oder schlicht einer möglichen Schwerhörigkeit geschuldet sein. Gerade Schwerhörigkeit bleibt oft lange unbemerkt und führt dazu, dass Betroffene Gespräche meiden, was als Rückzug missverstanden werden kann.
Für Angehörige ist es emotional belastend, wenn sich vertraute Persönlichkeiten verändern. Um den Alltag zu erleichtern, können eine einfache, klare Sprache mit älteren Menschen, Wiederholungen und Rituale sowie Geduld und ein strukturierter Tagesablauf mit festen Gewohnheiten hilfreich sein. Eine vertraute, Orientierung schaffende Umgebung und das Fördern von Selbstständigkeit können das Wohlbefinden älterer Menschen und einen entspannten Umgang miteinander stärken. Gleichzeitig sollten pflegende Angehörige auch auf ihre eigenen Grenzen, ihre Gesundheit und eine soziale Balance achten. Es kann wichtig sein, sich zeitnah pflegende sowie therapeutische Unterstützung zu suchen.
Wenn die Psyche leidet: Suizidrisiko im Alter
Psychische Erkrankungen, besonders unbehandelte Depressionen, zählen zu den Hauptrisikofaktoren für Suizid im höheren Lebensalter. Auch Angsterkrankungen sind häufig und treten oft gemeinsam mit Depressionen oder Schmerzen auf – eine Kombination, die als „Leidenstrias“ bekannt ist. Suizid betrifft alle Altersgruppen, tritt aber besonders häufig bei älteren Menschen auf, vor allem bei Männern. Ein Drittel aller Suizide entfällt auf über 65-Jährige. Wichtige Risikofaktoren sind psychische und körperliche Erkrankungen, chronischer Schmerz, Einsamkeit, Verluste sowie das Gefühl wachsender Abhängigkeit oder eine Belastung zu sein.
Therapie der Psyche im Alter
Auch im höheren Alter lassen sich psychische Erkrankungen gut behandeln. Wichtig ist eine sorgfältige Diagnose, da Ängste sowie depressive Symptome auch durch körperliche Erkrankungen, Medikamente oder im Zusammenhang mit Demenz und Substanzmissbrauch entstehen können. Die Prognose ist etwa bei vielen Angsterkrankungen auch im Alter noch günstig, vor allem bei Phobien. Ein Hindernis stellt allerdings der Mangel an auf ältere Menschen spezialisierten Therapeut:innen dar sowie die oft falsche Annahme, Psychotherapie sei im Alter wenig wirksam – tatsächlich kann sie sehr hilfreich sein.
Gerontopsychotherapie
Auch bei älteren Menschen gilt insbesondere bei Angststörungen die Psychotherapie als erstes Mittel der Wahl in der Behandlung. Ein spezialisiertes Feld ist dabei die sogenannte Gerontopsychotherapie. Sie fokussiert sich auf psychotherapeutische Interventionen bei älteren Menschen.
Medikamente für die Psyche im Alter
Bei der medikamentösen Behandlung von psychischen Problemen im Alter ist jedenfalls die häufig vorhandene Multimedikation von älteren Menschen sowie deren verändertes Ansprechen auf Psychopharmaka zu beachten. Insbesondere Wechselwirkungen stellen behandelnde Ärzt:innen nicht selten vor relevante Herausforderungen, wenn es um die Wahl des richtigen Präparats zur Behandlung psychischer Erkrankungen älterer Menschen geht.
Phytotherapie gegen die Angst im Alter
Vor allem bei der Angst vorm Altwerden und Ängsten aufgrund der vielfältigen körperlichen sowie sozialen und finanziellen Veränderungen im Alter hat die Phytotherapie einen besonderen Stellenwert. So ermöglicht beispielsweise der aus dem medizinischen Lavendel gewonnene pflanzliche Wirkstoff Silexan® eine sichere und zuverlässige Behandlung von ängstlicher Verstimmung. Der in Studien bestimmten Psychopharmaka ebenbürtige Arzneistoff aus der Natur ist in Österreich unter dem Handelsnamen Lasea® rezeptfrei erhältlich. Die Besonderheit des Präparats liegt nicht nur in seiner mehrfach belegten angstlösenden Wirkung, sondern auch darin, dass für den Wirkstoff derzeit keinerlei Wechselwirkungen bekannt sind. Das ermöglicht die Behandlung von temporären ängstlichen Zuständen im Alter auch bei bestehender Mehrfachmedikation.
Zusammenfassung: Psyche im Alter
Hier finden Sie die wichtigsten Punkte zur Psyche im Alter prägnant zusammengefasst:
Altersangst |
Irrationale Angst vorm Älterwerden; Symptome: Angst vor Sterblichkeit, Einsamkeit, körperlichem Verfall, Kontrollverlust. |
Psychische Besonderheiten im Alter |
Häufiger Krankheitsbeginn, schwierige Diagnostik, viele körperliche und soziale Veränderungen, erhöhte Belastung. |
Medikamentöse Behandlung |
Ältere verstoffwechseln Medikamente anders; Risiko für Nebenwirkungen, Wechselwirkungen & Einnahmeprobleme. |
Veränderung der Persönlichkeit |
Persönlichkeit kann sich auch im Alter stark verändern – ähnlich häufig wie im jüngeren Alter. |
3 D der Alterspsyche |
Depression, Demenz, Delir – häufige psychische Erkrankungen; komplexe Symptome & Diagnosen. |
Altersdepression |
20–40 % betroffen; häufig übersehen; Symptome psychisch (z. B. Rückzug) und körperlich (z. B. Schlafprobleme). |
Wesensveränderungen |
Oft missverstanden als „Starrsinn“; kann auf Depression oder Demenz hinweisen. |
Aggression im Alter |
Kann Symptom psychischer Erkrankungen sein; häufiger bei angsterkrankten Männern & Demenz. |
Angststörungen |
Hohe Prävalenz, aber oft nicht erkannt; Symptome auch körperlich; generalisierte Angst & Phobien typisch. |
Körperliche Anzeichen psychischer Belastung |
Schlafstörungen, Schmerzen, Schwindel, Atemprobleme – oft schwer von organischen Ursachen zu trennen. |
Ältere Angehörige |
Wesensveränderungen sollten ernst genommen werden; Geduld, Struktur und Hilfe für Betroffene sowie Angehörige wichtig. |
Suizidrisiko |
Besonders hoch bei älteren Männern; Mögliche Auslöser: Depression, Angst, Schmerz, Einsamkeit. |
Therapie |
Psychotherapie und Medikamente wirksam; Gerontopsychotherapie als spezialisiertes Feld, Lavendel herausragend als Phytotherapeutikum. |
Aktualisiert: 11.06.2025
Autoren: Redaktionsteam Schwabe Austria
Disclaimer:
Quellen:
Bertram Kasper, Angst vor dem Alt werden – Altersangst überwinden, https://gelassen-aelter-werden.de/angst-vor-dem-alt-werden-altersangst-ueberwinden/
Dr. Dr. Dipl.-Psych. Reinhard J. Boerner, Angsterkrankungen im Alter: Bisher stark unterschätzt, Deutsches Ärzteblatt, Ausgabe 3/2005, https://www.aerzteblatt.de/archiv/angsterkrankungen-im-alter-bisher-stark-unterschaetzt-ddf327d6-b443-443c-be44-c01f8d6ecbff
PSYLEX, News aus Psychologie und Hirnforschung, Gerontophobie, https://psylex.de/stoerung/angst/phobien/gerontophobie/
Lexikon der Psychologie, Gerontopsychotherapie, https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/gerontopsychotherapie/5769
Neurologen und Psychiater im Netz, Im Alter werden Angststörungen leicht übersehen und fehlinterpretiert, https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/ratgeber-archiv/artikel/im-alter-werden-angststoerungen-leicht-uebersehen-und-fehlinterpretiert/
Neurologen und Psychiater im Netz, Angststörungen im Alter, https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/angsterkrankungen/besonderheiten-im-alter/
Verband Pro Psychotherapie e.V., Angststörungen bei alten Menschen, https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/psychische-stoerungen-im-alter/angststoerungen/
Verband Pro Psychotherapie e.V, Besondere Belastungen im Alter, https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/psychische-stoerungen-im-alter/besonderheiten-im-alter/
Dr. Georg Psota, Die Psyche des älteren Menschen, Ärzte Krone, Ausgabe 19/2020, https://www.medmedia.at/aerzte-krone/die-psyche-des-aelteren-menschen/
DocCheck Flexikon, Kognition, https://flexikon.doccheck.com/de/Kognition
Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Österreichischer Demenzbericht, https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Nicht-uebertragbare-Krankheiten/Demenz/Österreichischer-Demenzbericht.html
Martina Rosenberg, Aggressionen bei Demenz: Ursachen und Umgang, https://www.pflege.de/krankheiten/demenz/umgang/aggressionen/