Somatoforme Störungen: Tipps & Empfehlungen
Bei somatoformen Störungen handelt es sich um körperliche Symptome, die in Verbindung mit der Psyche entstehen. Sie sind weder Einbildung, noch Simulation. Für Betroffene sind sie häufig sehr belastend. Die Symptome reichen von Beschwerden mit dem Herzen über Sodbrennen, Blähungen und Völlegefühl bis hin zu Schmerzen in Gelenken oder den Muskeln. Ist die Diagnose erst einmal gestellt, ist die Prognose eine gute.
Somatoforme Störungen sind kein seltenes Problem. Sie sind dabei nicht mit Simulationen zu verwechseln, denn bei somatoformen Symptomen handelt es sich um tatsächlich erlebte Beschwerden. Davon sind sogar etwa 20 Prozent der Patientinnen und Patienten betroffen, die niedergelassene praktische Ärztinnen und Ärzte aufsuchen. Tendenziell beschreiben Frauen häufiger somatoforme Störungen, die prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten können.
Das versteht man unter somatoformen Störungen
Somatoform kommt vom griechischen Wort „soma“, das „Körper“ bedeutet. Ist von einer somatoformen Störung die Rede, sind körperliche Beschwerden, die sich allerdings nicht auf organische Probleme zurückführen lassen, gemeint. Der Begriff „somatoforme Störungen“ wird aber zunehmend von der Bezeichnung der „funktionellen“ Störungen abgelöst. Der Hintergrund dieser sprachlichen Veränderung ist, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, bei Beschwerden gleich welcher Art, eine hundertprozentig unauffällige Organdiagnostik voranzustellen. Mit „funktioneller Störung“ hingegen ist gemeint, dass beispielsweise die Funktion eines Organsystems – wie der Verdauungstrakt – in eine Dysbalance geraten ist, obwohl die beteiligten Organe an sich gesund sind. Somatoforme Beschwerden sind also auch Teil der Psychosomatik.
Symptome: So kann sich eine somatoforme Störung zeigen
Somatoforme Störungen können sich prinzipiell überall im und am Körper zeigen, aber es gibt einige Beschwerden, bei denen häufig funktionelle Störungen in Betracht gezogen werden. Dazu gehören:
Magen-Darm-Probleme | Zahlreiche Verdauungsprobleme, wie beispielsweise Völlegefühl, Schmerzen im Magen, Blähungen oder ein Blähbauch und Sodbrennen, aber auch ein Mangel an Appetit oder ein Trockenheitsgefühl des Mundes gehören dazu. |
Beschwerden der Harnwege und Geschlechtsorgane | Als häufig funktionelle Störungen gelten beispielsweise Probleme beim Wasserlassen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, ungewöhnlicher Ausfluss, Erektionsprobleme oder auch ein unregelmäßiger Zyklus. |
Brustkorb, Nervensystem und Sinnesorgane | Als gelegentlich somatoforme Störungen zeigen sich unter anderem Beschwerden im Bereich des Herzens, wie Herzrasen oder Beklemmungsgefühle im Brustkorb, aber auch Atemprobleme, Schwindel, Gleichgewichtsprobleme, Kopfschmerzen oder unangenehm kribbelnde Gefühle. |
Bewegungsapparat | Somatoforme Störungen können sich auch in Form von Schmerzen im Rücken, Verkrampfungen oder Gelenksproblemen zeigen. |
Sonstige Bereiche | Juckreizbeschwerden, Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Probleme mit Hitzegefühlen oder Schlafprobleme können sich ebenso als somatoforme Störungen zeigen. |
Einteilung der somatoformen Störungen nach ICD-10
Laut der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme werden die somatoformen Störungen wie folgt eingeteilt:
- Somatisierungsstörung
- Undifferenzierte Somatisierungsstörung
- Hypochondrische Störung
- Somatoforme autonome Funktionsstörung
- Anhaltende somatoforme Schmerzstörung
- Sonstige somatoforme Störungen
- Somatoforme Störung, nicht näher bezeichnet
Ursachen und Entstehung von somatoformen Störungen
Wie genau somatoforme Störungen entstehen, ist nicht hundertprozentig geklärt. Derzeit gibt es je nach Fachrichtung in der Medizin und Psychotherapie unterschiedliche Erklärungsmodelle. Einig scheint sich die Wissenschaft zumindest insofern zu sein, dass es wohl nicht die eine einzige Ursache gibt, die alleine zur Entstehung einer somatoformen Störung geführt hat. Viel eher könnte es sich bei der Entstehung dieser Störung um das Ergebnis unterschiedlicher Faktoren handeln, zu denen zum Teil soziale, psychische, genetische und biologische Bereiche gezählt werden. Grundlegend scheinen aber vor allem die psychosozialen Parameter eine Rolle bei der Entstehung somatoformer Störungen zu spielen, weshalb es auch psychische und soziale Dynamiken sind, die heute als mögliche Risikofaktoren und Verstärker diskutiert werden.
Risiken für Verstärkung somatoformer Beschwerden
Ob bei der Entstehung oder auch bei der Verstärkung von somatoformen Beschwerden: Psychosoziale Dynamiken scheinen einen Einfluss auf das entsprechende Risiko zu haben. Dazu zählen:
- Stress
- Belastungen im Privatleben
- Zu große Herausforderungen am Arbeitsplatz
- Bestimmte Persönlichkeitsanteile
- Verluste in der eigenen Biografie
- Art der Wahrnehmung
- Permanente Aufmerksamkeit und Fokus auf das Symptom, das Problem oder die Beschwerde
- Übertriebene Schonhaltungen
Diagnose und Prognose von somatoformen Störungen
Die Diagnose von somatoformen Störungen ist häufig eine langwierige. Das liegt daran, dass es in der Medizin und Therapie viele Fachrichtungen gibt, die sich häufig auf spezielle Bereiche des Körpers beziehen und selten die gesamte Funktion des Organismus in jede Fragestellung miteinbeziehen können. Für Betroffene bedeutet es daher gelegentlich einen jahrelangen Prozess an Arztbesuchen, bis die somatoforme Störung als solche erkannt wird.
Der Diagnose von somatoformen Störungen sollten ausführliche Anamnesegespräche, die auch die Gesamtsituation der Betroffenen miteinbeziehen, sowie gründliche körperliche Untersuchungen vorangehen. Ist die somatoforme Störung diagnostiziert, so ist die Prognose durchaus eine gute: Einfache Maßnahmen reichen in der Regel aus, um bei etwa zwei Drittel der Patientinnen und Patienten eine Besserung zu erzielen.
Somatoforme Störungen und ihre Behandlung
Zu diesen genannten Maßnahmen gehört in der Behandlung somatoformer Beschwerden eine Mischung aus pharmakologischen, organischen und psychosozialen Behandlungsansätzen. Diese umfassen:
- Intensive Aufklärung der Betroffenen
- Umfassende Informationen zur Selbsthilfe
- Gezielte körperliche Aktivitäten (Sport)
- Symptomatische Beschwerdelinderung (beispielsweise Massagen oder kurzfristige Gabe von Schmerzmittel)
- Medikamentöse Therapie
- Beratung über Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität
- Methoden zur Entspannung
- Psychotherapie
Selbsthilfe: Tipps bei somatoformen Störungen
Da gerade die Beratung und Aufklärung zu Selbsthilfemaßnahmen ein wichtiger Teil in der Reduktion somatoformer Beschwerden ist, möchten wir Ihnen hier einige Möglichkeiten neben der medizinischen Behandlung und der Psychotherapie nennen, die Ihnen dabei helfen können, Ihre somatoformen Beschwerden zu bessern.
Teufelskreise unterbrechen | Vermeiden Sie übertriebene Schonung – diese könnte ebenso wie ein permanenter Fokus auf die Symptome zu einem sich selbst verstärkenden Teufelskreis führen. |
Aktivität und Bewegung | Achten Sie auf ein aktives Leben: Setzen Sie verstärkt auf ausdauernde Bewegung in der freien Natur und verfolgen Sie dabei Ziele. |
Erholung und Entspannung | Gleichzeitig ist es wichtig, dass Sie auf ein ausreichendes Maß an Erholung achten, um zu entspannen und damit Stress abzubauen. |
Gesunder Lebensstil und Psychohygiene | Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung sowie einen gesunden Lebensstil. Das gilt auch für Ihre Psyche: Reduzieren Sie negative Gedankenkreise und fokussieren Sie darauf, Positives, Erfreuliches und Genussvolles in Ihr Leben zu integrieren. |
Austausch in der Gruppe | Finden Sie Entlastung und Austausch in Selbsthilfegruppen. |
Somatoforme Störungen: Empfehlungen für Angehörige
Auch für Angehörige von Menschen, die von somatoformen Störungen betroffen sind, ist die Situation häufig keine leichte. Gerade, wenn die betroffenen Angehörigen nur mehr als Patientinnen und Patienten wahrgenommen werden, kann dies zu einer großen Belastung für die zwischenmenschlichen Beziehungen werden.
- Spielen Sie die Beschwerden der betroffenen Person nicht herunter. Dies führt häufig dazu, dass Betroffene ihre Beschwerden noch deutlicher beschreiben, um sich in ihrer Belastung wahr- und ernstgenommen zu fühlen.
- Muten Sie Betroffenen jedoch auch Ihre eigenen Gefühle zu: Sprechen Sie offen darüber, welche Belastungen Sie erleben, wo Sie gerne unterstützend da sind und wo wiederum Sie sich vielleicht über Unterstützung freuen würden.
- Informieren Sie sich selbst oder auch gemeinsam mit der betroffenen Person über das Thema der somatoformen Störungen – gezieltes Wissen darüber kann Entlastung für Sie beide bringen.
- Nehmen Sie Ihre eigenen Grenzen und Wünsche wahr und erlauben Sie sich, auch wieder einmal ganz für Ihre Bedürfnisse da zu sein.
Quellen:
Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e.V., Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin, Patientenleitlinie „Nicht-spezifische, funktionelle und somatoforme Körperbeschwerden“, Matzat, Jäniche, Hausteiner-Wiehle (2012), awmf.org (zuletzt abgerufen am 01.04.21)
Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, dimdi.de (zuletzt abgerufen am 01.04.21)
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