Stress: Das Gefühl unserer Zeit richtig einordnen und verstehen
Stress kann für unseren Körper und unsere Psyche gefährlich werden. Um einen vernünftigen Umgang mit Stress zu finden, ist es zuerst einmal wichtig, den Stress zu verstehen. Alles, was Sie über Stress wissen müssen:
Das Verständnis für die Prozesse, die bei Stress in uns Menschen ablaufen, ist enorm hilfreich, um mit Stress gelassener umzugehen. Und Sie zeigen uns auch, weshalb es eine Frage des Gesundbleibens ist, Stress abzubauen und Entspannung zuzulassen. Aber der Reihe nach.
Was ist Stress?
Stress ist eine Reaktion unseres Körpers auf eine Situation, in der wir unter Druck stehen und uns handlungsunfähig fühlen. Diese Reaktion ist ein evolutionsbedingter Mechanismus, der uns beschützen soll. Um zu verstehen, wie genau die Stressprozesse in unserem Körper ablaufen, können wir uns zunächst einmal einen klassischen Steinzeitmenschen vorstellen, der gemütlich in seiner Höhle sitzt.
Wie reagiert der Körper auf Stress?
Während unser Steinzeitvorfahre gemütlich und tiefenentspannt in der Höhle sitzt, hört er auf einmal ein verdächtiges Geräusch. Sofort ist er alarmiert, blickt zum Eingang und entdeckt einen großen Bären. Nun weiß sich der Mensch in einer bedrohlichen Situation: Stress! Unser Körper schüttet in dieser Situation nun eine Vielzahl an Hormonen aus, wie zum Beispiel Adrenalin und Cortisol. Damit startet er überlebenswichtige Körperreaktion, bei der diese sogenannten Stresshormone dafür sorgen, dass wir blitzschnell bereit sind, zu flüchten oder zu kämpfen. Der Mensch reagiert nun nicht bewusst, sondern sein Körper spielt jetzt ein automatisches, instinktives Notprogramm ab. Die ausgeklügelte Hormon-Reaktionen im Körper programmieren ihn jetzt auf Höchstleistungen:
- Gefahrmodus: Das Gehirn schaltet auf Gefahrenmodus und somit wird sein bewusstes Denken beim Anblick des hungrigen Bären teilweise blockiert. Der Mensch bekommt eine Art Tunnelblick, der nur auf Überleben fokussiert ist. Das heißt: Wenig Platz für Kreativität oder logisches Denken.
- Muskeln werden durchblutet: Durch die Ausschüttung von Adrenalin, Cortisol und anderen Substanzen steigt jetzt sowohl sein Blutdruck als auch sein Puls, damit mehr Blut in die Muskeln gepumpt wird. Er braucht ja gleich genug Kraft für einen enormen Sprint oder einen kräfteraubenden Kampf.
- Pupillen geweitet: Seine Pupillen erweitern sich genauso wie seine Bronchien, denn er braucht jetzt ein breites Sichtfeld und genug Luft in den Lungen für seinen Kampf oder seine Flucht.
- Sein Körper erhöht jetzt außerdem blitzartig die Blutgerinnungsfähigkeit, falls der Bär ihn doch mit seinen kräftigen Pranken erwischen sollte. So ist es wahrscheinlicher, dass er nicht gleich an Ort und Stelle verblutet.
- Notmodus: Aktuell unwesentliche Körperfunktionen – wie etwa die Darmbewegungen – werden zurückgefahren.
Die Stressreaktion seines Körpers sorgt also dafür, dass er überlebt, indem er reflexartig bereit ist, aufzuspringen, zu kämpfen oder davonzulaufen.
Wie wurde der Stress entdeckt?
Der Begriff „Stress“ ist ein vergleichsweise junger Begriff. Begründet wurde er von dem gebürtigen Wiener Dr. Hans Selye in den 1930er-Jahren. Davor gab es zwar den Begriff „Stress“ – allerdings nicht in der Psychologie sondern in der Physik! Man bezeichnete die Verbiegung eines Materials unter Druckbelastung mit dem Wort Stress. Dr. Selye wollte eigentlich ein unbekanntes Hormon erforschen. Dafür führte er Versuche mit Ratten durch, die er dazu an Brettern fixierte und ihnen eine bestimmte Substanz injizierte. Und die Ratten reagierten auf die Injektion der Substanz: Mit einer beängstigend geschwächten Immunabwehr und Unmengen an Magengeschwüren! Selye wähnte sich also auf der richtigen Spur, wollte aber wissenschaftlich korrekt vorgehen und wiederholte den Versuch mit einer Kontrollgruppe.
Wieder fixierte er Ratten an Brettern, injizierte eine andere Substanz und siehe da – wieder die gleiche Reaktion: Geschwächtes Immunsystem und Magengeschwüre.
Jetzt war der Arzt natürlich frustriert: An der Substanz konnte es also nicht liegen. Woran dann?
Als Selye alle Versuchsschritte mit den Ratten und der Kontrollgruppe nochmals durchgeht, fällt ihm plötzlich die eine Gemeinsamkeit auf: Beiden Gruppen wird im Form der Versuche etwas Schlimmes zugemutet.
Alle Tiere werden fixiert, ihrer Beweglichkeit beraubt und damit handlungsunfähig gemacht.
Er gibt dem Umstand, dem die Ratten ausgesetzt sind, einen Namen: Stress.
Was ist das Problem von Stress?
Das Hauptproblem von Stress liegt darin, dass die oben genannten Stressprozesse heute noch immer die gleichen sind wie damals. Denn während zu Urzeiten diese enormen, blitzartig freigesetzten Energien bei Flucht oder Kampf verbraucht wurden, um sich danach wieder vollkommen zu entspannen, fehlen heute häufig die Möglichkeiten, diese Stressreaktionen wieder abzubauen und in den körperlichen Normalzustand zurück zu kehren. Vereinfacht formuliert heißt das: Was früher der Höhlenbär war, ist heute der cholerische Chef, die immer länger werdende To-Do-Liste, die kreischenden Kinder, die Doppelbelastung. Wir können aber nicht körperlich mit der To-Do-Liste kämpfen oder einfach von den Kindern davon sprinten. Bei chronischem Stress gepaart mit chronischem Mangel an Entspannung bleiben die Stresshormone in unserm Körper. Und das kann bedrohlich werden, wenn wir uns an die oben genannten Stressreaktionen der Mäuse erinnern: Geschwächtes Immunsystem und Magengeschwüre.
Stress kurz zusammengefasst
Unser Körper reagiert durch instinktive Hormonausschüttung, wenn wir uns bedroht fühlen. Doch im Gegensatz zu Urzeiten wird der Stresshormoncocktail heute selten durch Kampf oder Flucht abgebaut. Heute können viele Stressoren – wie etwa Lärm, Arbeitsbelastung oder familiärer Druck – eine solche Stressreaktion des Körpers hervorrufen. Wird die dadurch aufgebaute Anspannung langfristig nicht abgebaut, kann sie zu Krankheitssymptomen führen.
Ist Stress immer ungesund?
Stress wird unterteilt in
- „Guten Stress“ (Eustress)
- „Schlechten Stress“ (Disstress)
Nicht immer bedeutet Stress also ein Gefühl, das es gilt, so schnell wie möglich zu reduzieren und zu vermeiden. Sondern es kommt auf den Kontext an. Für einen gesunden Umgang mit Stress, ist es wichtig Eustress vom Disstress zu unterscheiden
Was ist guter Stress (Eustress)?
Guter Stress wirkt motivierend, belebend und hilft uns, Dinge anzupacken. Er wirkt also aktivierend auf uns. Er ist unser Motor, unser Antrieb und sorgt dafür, dass wir uns lebendig und nützlich fühlen. Positiven Stress empfinden wir beispielsweise auch, wenn wir verliebt sind oder wenn wir eine Aufgabe mit großem Interesse erledigen und wenn wir die notwendigen Ressourcen dafür haben. Im Grunde werden auch hier Stresshormone ausgeschüttet, aber es kommen Endorphine dazu, die uns den Stress als angenehm empfinden lassen. Positiver Stress ist demnach meist von absehbarer Dauer und findet im Wechsel von Anspannung und Entspannung statt.
Was ist schlechter Stress (Distress)?
Von Distress spricht man dann, wenn unsere Bewältigungsstrategien oder unsere Ressourcen für gestellte Aufgaben nicht mehr ausreichen. Wir fühlen uns blockiert, starr, bedroht, handlungsunfähig. Distress muss aber nicht immer nur etwas mit einer äußeren Bedrohung zu tun haben, sondern kann durchaus auch von innen erzeugt werden. Etwa dann, wenn wir ständig mit uns unzufrieden sind, denken, wir würden nicht genug leisten oder uns immer größerem Zeitdruck aussetzen.
Hier geht’s zu aktives Stressmanagement im Detail.
Symptome bei Stress
Die Stressreaktionen unseres Körpers und unserer Psyche können vielfältig sein. Chronisch anhaltender belastender Stress kann verschiedene Symptome auslösen bzw. Vorerkrankungen begünstigen. Eine Übersicht möglicher Auswirkungen von Stress finden Sie hier:
Körperliche Stresssymptome | Psychische Stresssymptome |
Kopf- und Rückenschmerzen | Erhöhte Reizbarkeit |
Herz–Kreislauf-Beschwerden, wie zu hoher Blutdruck | Appetitlosigkeit |
Konzentrationsschwierigkeiten, verminderte geistige Leistungsfähigkeit | Begünstigung von Suchtproblemen |
Geschwächtes Immunsystem | Gefahr von Burnout und Depression |
Verdauungsprobleme und Magen–Darm-Geschwüre | Chronisches Gefühl von Überspannung. Entspannung ist nicht mehr oder kaum möglich |
Tinnitus | Gefühl, handlungsunfähig (ohnmächtig) zu sein |
Hormonelle Zyklusstörungen | Überforderung, Ängste |
Stress kann körperlich und seelisch intensive negative Auswirkungen haben. Sollten Sie Teile der oben genannten Symptome an sich bemerken, ist ein Arztbesuch jedenfalls anzuraten.
Auslöser von Stress (Stressoren)
Als Stressoren bezeichnet man alle inneren und äußeren Faktoren, die dazu führen, dass sich eine Person gestresst fühlt. Stressoren sind immer individuell zu betrachten. Für von Stress Betroffene ist es durchaus wichtig, zu wissen, dass oftmals wesentlich mehr innere und äußere Reize für Stress sorgen können, als wir vermuten. Mögliche Beispiele finden Sie hier.
Äußere Stressoren
Zu den äußeren Reizen, die geeignet sind, Stress in uns auszulösen, gehören unter anderem:
- Schicksalshafte Ereignisse (Tod eines nahen Angehörigen, Scheidung, etc …)
- Hitze
- Kälte
- Lärm
- Schimpftiraden
- ein Unfall
- unerwartete Veränderungen
- Arbeitsplatzverlust
Innere Stressoren
Zu den inneren Faktoren, die Stress in uns erzeugen können, gehören beispielsweise:
- Perfektionismus
- der Glaube, dass etwas nur wertvoll ist, wenn es anstrengend erarbeitet wurde
- der Versuch, zu hohe (eigene oder Fremde) Erwartungen zu erfüllen
- das Gefühl, immer noch mehr leisten zu müssen
- der Gedanke, nicht gut genug zu sein
- Sorgen und Ängste
Was Sie gegen Stress tun können
Der wesentlichste Punkt, um langfristig trotz Stress gesund zu bleiben, ist, die Balance zwischen An- und Entspannung zu erhalten. Sorgen Sie also dafür, dass Sie Ihrem Körper und vor allem auch Ihrem Geist ausreichend Entspannungsphasen ermöglichen. Sollte Ihnen dies prinzipiell etwas schwerer fallen, so können bestimmte Entspannungsübungen erlernt werden und damit als effektiver Ausgleich zur täglichen Anspannung in den Alltag integriert werden. Prinzipiell ist es also wichtig, dass Sie Möglichkeiten finden, Ihren Stress abzubauen. Eine ausführliche Anleitung dazu, wie Sie Ihren Stress abbauen können, finden Sie hier.