Angststörung
Ganz gleich ob Sie selbst betroffen sind oder ein Mensch, der Ihnen nahe steht, mit einer Angststörung kämpft: Angst als auch die Angst vor der Angst kann lähmend sein und das gesamte alltägliche Leben einschränken. Das frühzeitige Erkennen einer Angststörung ist daher von zentraler Bedeutung, um möglichst rasch mit der Behandlung der Angststörung beginnen zu können. Aber der Reihe nach.
Unterschiedliche Varianten der Angststörung
Die Angststörung ist ein großes Krankheitsbild, das eine Vielzahl von Formen und Arten kennt. In der Diagnostik wird zwischen Ängsten unterschieden, die auf eine bestimmte Sache oder eine bestimmte Situation – also auf etwas Konkretes – gerichtet sind, wie zum Beispiel die Angst vor Spinnen und Ängsten, die keine konkreten Objekte als Auslöser kennen. Hier geht es also um Angst, bei der man gar nicht so genau weiß, wovor man sich jetzt eigentlich fürchtet. Ärzte, klinische Psychologen und Psychotherapeuten grenzen bei der Anamnese der Angststörung auch ein, wie genau sich die Angst zeigt. Wird sie eher im Verhalten – etwa durch Vermeidung – oder eher durch Gedanken bzw. auch durch Emotionen ausgedrückt.
Mögliche Angstausprägungen im Verhalten, in Gedanken oder in den eigenen Empfindungen bei Betroffenen können dabei sein:
- Vermeidung
- Innere Anspannung,
- Flucht in ungesunde Bewältigungsstrategien wie Drogen
- Gefühl von Todesangst
- Angst vor der Angst: sich selbst bzw. den eigenen Körper nicht mehr im Griff haben
- Ständige Gedanken, dass etwas Schlimmes passieren könnte
- Angst vor Kontrollverlust
Angststörung ist nicht gleich Angststörung: Welche Arten der Angststörung gibt es?
Die Angststörung wird in 6 verschiedene Arten gegliedert, von denen manche häufiger und manche seltener vorkommen. Im Überblick zeigen sich die Arten der Angststörung wie folgt.
Arten der Angststörung | ||
1 | Generalisierte Angststörung | Die generalisierte Angststörung äußert sich zumeist in deutlich körperlich spürbaren Symptomen (Schwindel, Herzrasen, Zittern, Gefühl von Ohnmacht) kombiniert mit Nervosität, Unruhe oder Schlafstörungen. Für Betroffene ist die Angst ein ständiger Begleiter, der ohne klassischen Auslöser in unterschiedlich intensiver Ausprägung immer mit dabei ist. |
2 | Spezifische Phobie | Hierzu gehört die krankhafte Angst vor bestimmten Dingen oder Objekten. Die Angst ist also klar an etwas Konkretem festzumachen. Beispiele hierfür sich die Angst vor Spinnen (Arachnophobie), Höhenangst (Akrophobie), die Angst vor geschlossenen Räumen (Klaustrophobie) oder die Angst vor bestimmten Orten (Agoraphobie). |
3 | Soziale Angststörung (Soziophobie) | Wer bei einem Referat auf der Uni, vor einer mündlichen Prüfung oder einer Präsentation vor Kollegen in der Arbeit etwas nervös ist, ist noch lange nicht soziophob. Von der sozialen Angststörung spricht man allerdings dann, wenn Betroffene in ganz alltäglichen gesellschaftlichen Situationen (in der Öffentlichkeit essen, Smalltalk führen, Menschen ansprechen …) enorm starke Angst haben und sich übermäßig vor Kritik oder Bloßstellung fürchten. |
4 | Posttraumatische Belastungsstörung | Besonders belastende – also traumatische – Geschehnisse wie Unfälle, schlimme Verletzungen, Krieg, Gewalt können eine posttraumatische Belastungsstörung auslösen. Von ihr spricht man dann, wenn die zur Belastung gehörenden Gefühle nach einem bestimmten Zeitraum nicht weniger oder die Symptome sogar verstärkt werden. Angst kann neben Albträumen und sogenannten Backflashes eines dieser Symptome sein. |
5 | Zwangsstörung | Auch die Zwangsstörung wird zu den Angststörungen gerechnet. Darunter versteht man die ständig präsenten unerwünschten Gedanken, die zu bestimmten Handlungen führen. Ein bekanntes Beispiel sind die permanenten Ängste vor Keimen, was zum zwanghaften Händewaschen führt. |
6 | Panikstörung | Unter Panikstörung versteht man die Form der Angststörung, bei der eine Person von Panikattacken betroffen ist. Diese äußern sich in besonders intensiven Angstattacken, die bis zum Gefühl der Todesangst reichen können, da die Attacken häufig mit körperlichen Symptomen einhergehen (Schwindel, Herzrasen, Atemnot, enge Brust …), die an einen Herzinfarkt oder andere bedrohliche Körperszenerien erinnern. |
Anzeichen einer Angststörung
Sie sind sich nicht sicher, ob Ihre Ängste und Sorgen einem normalen Maß entsprechen? Wenn Sie mehrere dieser Fragen mit Ja beantworten können, dann ist es sinnvoll, ärztlichen oder psychotherapeutischen Rat einzuholen:
- Hatten Sie im letzten halben Jahr durchwegs große Sorgen, die Sie ständig begleitet haben?
- Haben Sie bemerkt, dass Sie durch Ihre Ängste Ihren Alltag verändert oder Sie gewisse Dinge (U-Bahn fahren, fliegen, Arztbesuche, größere Freundesgruppen treffen, …) ganz vermieden haben?
- Kennen Sie im letzten halben Jahr das begleitende Gefühl von Rastlosigkeit und Nervosität?
- Fällt es Ihnen konstant schwer, sich aufgrund Ihrer Angst zu konzentrieren?
- Begleiten Sie in den letzten sechs Monaten oder länger Einschlaf- oder Durchschlafstörungen?
- Erleben Sie immer wieder Situationen, in denen Sie folgenden körperliche Zuständen ausgesetzt sind? Zittern, Herzrasen, Schwitzen, Taubheitsgefühle, Gefühl von Bewusstloswerden, Schwindel, enge Brust, Atemnot
- Kennen Sie das immer wieder kehrende Gefühl, Sie würden verrückt werden oder Sie seien nicht Sie selbst?
- Sie empfinden sich ständig in Alarmbereitschaft?
Wie äußern sich die Symptome einer Angststörung?
So wie es vielfältige Formen und Arten der Angststörung gibt, so sind auch die Symptome der Angststörung breit gefächert. Je nach Art der Angststörung können die Symptome sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Wichtig zu wissen ist jedoch, dass bei einer Angststörung neben den emotionalen Belastungen auch körperliche Symptome (siehe nächster Absatz) sehr ausgeprägt sein können.
Wie wird die Angststörung diagnostiziert?
Unabhängig von der Art der Angststörung beschreiben viele Angstpatienten bestimmte körperliche Empfindungen während einer Angstattacke. Zu diesen oft als enorm bedrohlich wahrgenommenen Symptome gehören beispielsweise:
- Schwindelgefühle
- Herzrasen
- Herzstolpern
- Atemnot
- Taubheitsgefühl/Kribbeln im Körper
- Erhöhte Herzfrequenz
- Schwitzen
- Zittern
- Benommenheit
- Kälteausbrüche
- Schmerzen in der Magengegend
- Übelkeit
Da all diese Symptome neben psychischen Auslösern ebenso ernstzunehmende körperliche Ursachen haben können, ist für Ihren behandelnden Arzt bei der Diagnose der Angststörung zuerst einmal wichtig, organische Probleme auszuschließen. Daher kann im Zuge der Diagnose der Angststörung auch der Besuch beim Neurologen oder das Erstellen eines EKGs wesentlich sein. Aber auch die Messung der Hirnströme (EEG) sowie die Untersuchung mittels MRT (Magnetresonanztomographie) sind relevant.
Sind körperliche Erkrankungen ausgeschlossen, gilt es noch zwischen der normalen und der krankhaften Angst zu unterscheiden. Angst ist eine wichtige Schutzfunktion des Menschen und damit bis zu einem gewissen Grad in bestimmten Situationen völlig normal. Ein gesundes Maß an Angst bewahrt uns in der Regel vor Gefahr. Ob es sich bereits um eine krankhafte Angststörung handelt, darüber geben die statistischen Klassifikationen von Krankheiten und verwandten Gesundheitsproblemen der Weltgesundheitsorganisation Aufschluss. Im sogenannten ICD (International Classification of Diseases) finden sich die Leitsymptome, mit denen Ärzte, klinische Psychologen und Psychotherapeuten nach der genauen Krankenanamnese die Diagnose stellen können.
Zu betonen ist, dass in der Anamnese auch darauf geachtet werden sollte, traumatische Belastungen (akute oder posttraumatische) sowie Drogenmissbrauch in Erwägung zu ziehen. Denn neben medizinischen Problemen können auch die genannten eng mit einer Angststörung verbunden sein. Genauso, wie sie gelegentlich mit dem Krankheitsbild der Depression einhergeht.
Welche Behandlungsmöglichkeiten der Angststörung gibt es?
Wichtig ist, dass Sie eine (mögliche) Angststörung nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern frühzeitig ärztliche bzw. psychotherapeutische Hilfe zur Abklärung in Anspruch nehmen. Die Symptome einer Angststörung können sich mit zunehmender Dauer der Erkrankung zusätzlich verstärken, manifestieren oder Depressionen zur Folge haben. Gleichzeitig ist die Lebensqualität von Betroffenen oftmals deutlich eingeschränkt und belastet nicht nur sie selbst, sondern auch deren Umfeld. Soziale Probleme wie Beziehungs- und Familienkonflikte, Arbeitsunfähigkeit und sonstige Folgeerscheinungen können Teil dieses Krankheitsbildes sein.
Klassischer Weise wird eine Angststörung im psychotherapeutischen Prozess behandelt. Je nach psychotherapeutischer Methode stellen sich Betroffene in einem geschützten Rahmen ihren Ängsten. Herangehensweisen in der Psychotherapie können etwa zum Ziel haben, Vermeidungsverhalten zu unterbrechen, zu konfrontieren, um damit die Angst in den Griff zu bekommen oder Entspannungsmethoden zu erlernen, die bei der Bewältigung der Angst helfen.
In besonders schweren Fällen kann zusätzlich eine medikamentöse Therapie auf längere Sicht oder für die Bewältigung von Akutfällen, wie etwa einer Panikattacke, angezeigt sein. Die klassische medikamentöse Behandlung erfolgt im Idealfall durch einen erfahrenen Arzt, da einige angezeigte Medikamente großes Abhängigkeitspotenzial aufweisen. Zur Anwendung kommen dabei beispielsweise:
- Antidepressiva
- Benzodiazepine
- Neuroleptika
- Antiepileptika
Was Sie sonst noch bei Angststörung tun können
- Gewisse Entspannungsübungen können in akuten Situationen Linderung verschaffen.
- In der Phytotherapie gibt es ein pflanzliches Arzneimittel mit einem speziellen Lavendelöl, das bei Angstgefühlen eingenommen werden kann und das keinerlei Abhängigkeitspotenzial aufweist.
- Autosuggestionsübungen, beruhigende MP3-Anleitungen am Handy oder bestimmte Atemübungen können im Fall einer Panikattacke hilfreich sein.
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