Gesundbleiben: Körper und Geist durch Selbstfürsorge schützen
Anhaltender Stress kann nicht nur unseren Körper, sondern auch unsere Psyche nachhaltig belasten und sowohl organische als auch seelische Erkrankungen begünstigen. Auch unbearbeitete Ängste oder Krisen, ignorierte Nervosität und unbeachtete Schlafprobleme sind Faktoren, die zu einem seelischen Ungleichgewicht führen können. Selbstfürsorge ist damit ein wichtiger Baustein im Bereich der Krankheitsprävention, den Sie selbst in der Hand haben.
Haben Sie sich schon einmal dabei beobachtet, wie Sie mit dem Akkustand Ihres Handys agieren? In unserer Gesellschaft, die von permanenter Erreichbarkeit geprägt ist, würden wohl die wenigsten von uns abends einen mehrstündigen Termin außerhalb des Büros wahrnehmen, ohne noch einmal schnell den Akku zu laden, wenn sich bereits der kritische rote Balken zeigt. Ein paar Momente nimmt man sich dann, um das Telefon noch schnell an den Strom zu hängen und man trägt für den Fall der Fälle eine Powerbank bei sich.
Geht es hingegen um die eigenen Energiereserven, sind viele von uns selten so fokussiert auf den aktuellen Füllstand, wie es bei Smartphone und Co. für die meisten von uns selbstverständlich ist. Selbstfürsorge bedeutet, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse und Energielevels genauso wichtig nehmen, wie wir das bei den Akkus unserer technischen Geräte machen. Warum ist es für uns nicht genauso selbstverständlich, täglich unsere Energiereserven aufzufüllen, so wie wir es abends mit dem Handy machen, damit wir es voll geladen in den neuen Tag mitnehmen können?
Was bedeutet Selbstfürsorge?
Wenn wir hier von Selbstfürsorge sprechen, meinen wir damit keineswegs einen spirituellen Begriff. Sondern die aktive Fähigkeit eines Menschen, für den Erhalt seiner körperlichen sowie geistigen Gesundheit etwas beizutragen. Selbstfürsorge beginnt unserer Ansicht nach also nicht bei dem Bild des meditierenden Yogis, das Sie womöglich gerade im Kopf haben, sondern schon beim regelmäßigen Zähneputzen. Denn die Art und Weise, wie wir mit Körperhygiene, gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung für uns selbst sorgen, ist keineswegs eine selbstverständliche.
So ist gerade beim Erkrankungsbild der Depression in schweren Fällen zu beobachten, dass Menschen die Fähigkeit zur Selbstfürsorge gänzlich verlieren und beispielsweise nicht einmal mehr den Antrieb verspüren, morgens zu duschen oder die Zähne zu putzen. Dies kann wiederum mit Karies und Co. zu körperlichen Problemen führen – ein Zusammenhang von Körper und Seele, der beispielsweise im Fachbereich der Psychosomatik zunehmend wissenschaftlich an Bedeutung gewinnt.
Darum ist Selbstfürsorge so wichtig
Es gibt eine Reihe an inneren sowie äußeren Faktoren, die uns Menschen belasten oder uns – um beim Handybeispiel zu bleiben – über den Tag hinweg Energie kosten. Wer darauf vergisst, sich selbst auch wieder „aufzuladen“, läuft Gefahr, in eine ungesunde Dysbalance aus Anspannung und Entspannung zu geraten. Mangelnde Selbstfürsorge stellt damit einen erheblichen Risikofaktor für das Entstehen von psychischen Problemen, wie beispielsweise eines Burn-outs dar.
Häufig wird der Begriff der Selbstfürsorge leider belächelt und unterschätzt, da er mit Beautyritualen, Yoga-Asanas oder im ungünstigsten Fall mit Selbstsucht in Verbindung gebracht wird. Viel eher ist aktive Selbstfürsorge aber ein wesentlicher Faktor, um die eigene Resilienz zu stärken, die eigene Gesundheit zu erhalten und damit auch, um letztlich leistungsfähig zu bleiben. Damit ist Selbstfürsorge eine wesentliche Voraussetzung für einen zufrieden gemeisterten Alltag, für nachhaltig beruflichen Erfolg und letztlich auch dafür, für andere so da sein zu können, wie wir selbst uns das wünschen.
Risiken: Darum wird auf Selbstfürsorge vergessen
Es gibt eine Reihe von Glaubenssätzen und inneren Stimmen in vielen Menschen, die dazu beitragen, dass sie Gefahr laufen, die Bedeutung der Selbstfürsorge zu unterschätzen oder ganz auf sie zu vergessen. Risiken für eine mangelnde Selbstfürsorge sind beispielsweise folgende Glaubenssätze:
- „Ich muss alles alleine schaffen.“
- „Wer rastet, der rostet.“
- „Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.“
- „Wenn ich nein sage, bin ich unhöflich.“
- „Es muss perfekt sein.“
- „Ich bin unabkömmlich.“
- „Ich will eine ideale Mutter/ein idealer Vater sein.“
- „Ohne mich geht es nicht.“
- „Wenn ich auf mich achte, bin ich nicht mehr liebenswert.“
- „Nein zu sagen, ist schwach.“
- „Erholung ist etwas für Leute, die ihren Job nicht lieben.“
- „Zuerst die anderen/die Familie/die Firma, dann ich.“
- „Selbstfürsorge ist egoistisch.“
- „Wenn ich Pause mache, verpasse ich etwas.“
- „Das habe ich doch gar nicht verdient.“
Gerade sehr leistungsorientierte Menschen und Personen, die erlebt haben, dass ihnen Wertschätzung vor allem durch ihre Hilfsbereitschaft oder Effizienz entgegengebracht wird, laufen Gefahr, den Blick für die eigene Selbstfürsorge zu verlieren. Auch Männer und Frauen mit einem gering ausgeprägten Selbstwertgefühl sind häufig von mangelnder Selbstfürsorge betroffen.
Selbstfürsorge üben: So geht’s
Um Selbstfürsorge wieder zu üben, gilt es für viele Menschen, die Sichtweise auf das Thema etwas zu verändern. Machen Sie sich bewusst, dass Selbstfürsorge kein egoistischer Akt ist, sondern eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Sie gesund bleiben. Sie haben nur diesen einen Körper und möchten Ihre Psyche gesund halten. Nur, wenn Sie selbst gut für sich da sein können, gelingt Ihnen das langfristig auch für die Menschen, die es Ihnen Wert sind.
Gerade am Arbeitsplatz ist es wichtig, sich eine selbstfürsorgliche Haltung einzuüben. Anstatt des Unabkömmlichkeits-Gedankens könnten Sie einen Blick auf die aktuellen Zahlen werfen: Mittlerweile sind bereits über 30 Prozent aller neu beantragten Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspensionen auf psychische Probleme zurückzuführen. Auch die Krankenstände aufgrund seelischer Beschwerden nehmen zu. Sie dauern durchschnittlich deutlich länger als aufgrund körperlicher Symptome und fordern damit einen enormen, gesamtwirtschaftlich finanziellen Tribut. Selbstfürsorge ist damit weder Luxus noch egoistisch, sondern Ausdruck einer intensiven Eigenverantwortung. Mit dieser Haltung gelingt es Ihnen womöglich einfacher, Ihre bisher destruktiven Glaubenssätze in hilfreiche umzuwandeln, und einen neuen Zugang zu Ihrer Selbstfürsorge zu üben.
10 Tipps, um mehr Bewusstsein für Ihre Selbstfürsorge zu schaffen
Wenn Ihr Blick sich nun auf das Thema etwas erweitern durfte und Sie aktiv nach Möglichkeiten suchen, mehr Selbstfürsorge in Ihren Alltag zu integrieren, können Ihnen die folgenden Tipps womöglich eine wertvolle Anregung bieten.
1 | Rituale einbauen | Denken Sie noch einmal kurz an das Akku-Beispiel vom Beginn: Welches Ritual – ähnlich des Aufladens des Handys über Nacht – können Sie in Ihren Alltag einbauen, das Ihnen ausreichend Energie für den kommenden Tag spendet? Verzichten Sie auf dieses Ritual in Zukunft genauso wenig, wie auf das Anstecken des Handys. |
2 | Schlafen Sie gut | Für ausreichend erholsamen Schlaf zu sorgen, ist ein wichtiger Faktor im Hinblick auf die eigene Selbstfürsorge. Denn Schlafprobleme können ein enormer Energiefresser sein. Achten Sie bewusst auf Ihre Schlafqualität und machen Sie sich dazu die folgenden Tipps zum Einschlafen zunutze. |
3 | Glaubenssätze bewusst machen | Weiter oben haben wir Ihnen einige Beispiele für Glaubenssätze aufgelistet, die Selbstfürsorge häufig boykottieren. Erkennen Sie sich in einem oder mehreren davon wieder? Beobachten Sie in den kommenden Tagen einmal bewusst, welche Glaubenssätze Sie daran hindern, aktive Selbstfürsorge zu üben und erlauben Sie sich, diese hemmenden inneren Stimmen in hilfreiche Sätze zu verwandeln. |
4 | Ernährung | Ein Chipspackerl, weil gerade keine Zeit für eine ordentliche Mahlzeit ist, ein Fertiggericht, weil keine Energie mehr zum Kochen vorhanden ist? Fast Food und Co. ist zwar zeitsparend, geht aber zulasten unserer Gesundheit und vor allem: Es spendet uns selten anhaltende Energie. Nehmen Sie sich Zeit für ausgewogene und energiespendende Ernährung. Mit der daraus gewonnenen Energie macht vielleicht auch das Kochen am Abend und Vorbereiten für den gesunden Snack in der Firma wieder deutlich mehr Spaß. |
5 | Bewegung | Ausreichende Bewegung ist das A und O für einen gesunden Körper, aber auch für einen gesunden Geist. Ausdauernde Bewegung in der Natur wirkt sich nachweislich positiv auf die Psyche aus. Wann haben Sie sich zuletzt eine bewusste Auszeit im Grünen gegönnt? |
6 | Stress abbauen | Selbstfürsorge bedeutet nicht, dass es zu gar keinen Stressphasen in Ihrem Leben mehr kommen darf. Das wäre unrealistisch. Wichtig ist hingegen, wie Sie mit Ihrem Stress umgehen und dass Sie Stress abbauen. Wie das gelingen kann, lesen Sie in Punkt 8. |
7 | Psychotherapie | Wie weiter oben erwähnt, sind es häufig auch innere Faktoren, die wir bereits seit der Kindheit mit uns herumschleppen, die uns an einer aktiven und ausreichenden Selbstfürsorge hindern. Das Gefühl von mangelndem Selbstwert oder unbändiger Leistungsdruck kann beispielsweise in einer Psychotherapie näher beleuchtet und aufgearbeitet werden. |
8 | Entspannen | Um dem Stress des Alltags aktiv sowie gesund zu begegnen, ist es wichtig, aktiv Entspannungsphasen einzubauen und Entspannung nicht erst bis zum nächsten Urlaub aufzuschieben. Nutzen Sie dafür hilfreiche Tipps zum Entspannen im Alltag. |
9 | Soziale Interaktion | Wir Menschen sind soziale Wesen. Kein Wunder, dass soziale Isolation damit ebenso psychische Erkrankungen begünstigen kann. Achten Sie darauf, Ihre sozialen Kontakte zu pflegen und sich mit Menschen zu umgeben, die Ihnen guttun. Überprüfen Sie Ihre soziale Interaktion dabei aber auch immer wieder auf Ihre persönlichen Grenzen. Manchmal braucht es nämlich auch einfach Zeit mit sich alleine, um wieder Kraft und Energie zu tanken. |
10 | Hilfe annehmen | Sie müssen nicht alles alleine schaffen, auch wenn Ihnen das ein inneres Skript bisher so vorgegeben hat. Nehmen Sie Hilfe im Alltag, die Ihnen angeboten wird, an und bitten Sie aktiv um Hilfe, wenn Sie diese brauchen. Sie ermöglichen damit auch Menschen in Ihrem Umfeld, gerne etwas zurückzugeben, das sie bisher von Ihnen vielleicht stets bekommen haben. |
Zusammenfassung: Darum Selbstfürsorge
Selbstfürsorge ist ein wichtiger Baustein im Bereich der psychischen Gesundheit. Hier finden Sie die wesentlichen Punkte dazu noch einmal übersichtlich zusammengefasst:
- Selbstfürsorge beginnt beim Zähneputzen in der Früh und endet bei einem achtsamen Umgang mit den eigenen Bedürfnissen, Grenzen und Energiespendern.
- Selbstfürsorge wird in der Gesellschaft häufig völlig zu Unrecht mit Selbstsucht gleichgesetzt.
- Selbstfürsorge ist ein wesentlicher Faktor, um gesund zu bleiben, für andere da sein zu können und leistungsfähig zu bleiben.
- Selbstfürsorge wird häufig durch hemmende Glaubenssätze boykottiert.
- Selbstfürsorge kann geübt werden, indem in erster Linie diese Glaubenssätze hinterfragt werden und sich selbst ein aktiver Zugang zur Selbstfürsorge erlaubt wird.
- Guter Schlaf, Erholungsrituale, ausgewogene Ernährung, Bewegung, ein bewusster Umgang mit Stress sowie Psychotherapie, Entspannungsübungen und das soziale Umfeld können Teil einer aktiven Selbstfürsorge sein.
Quelle: Psychische Krankmacher in der Arbeit und was sie kosten, (abgerufen am 15.07.21)