10 Atemtechniken für jede Lebenslage
In der Art, wie wir atmen, liegt viel Potenzial. Mit richtigen Atemtechniken können wir unsere Leistung steigern, Schmerzen reduzieren und Entspannung fördern. 10 einfach umsetzbare Atemtechniken für den Alltag.
Ob im Geburtsvorbereitungskurs, beim Tauchtraining oder beim Singen: Unsere Atmung spielt eine entscheidende Rolle dabei, dass wir uns wohl fühlen und unser gesamtes Potenzial entfalten können. Auch in der Behandlung von Asthma oder COPD und in der Palliativmedizin spielen Atemübungen und Atemtechniken eine wesentliche Rolle. Bestimmte Erkrankungen der Lunge, Herzkrankheiten oder andere körperliche Probleme wie beispielsweise eine Allergie können zu Problemen mit der Atmung führen. In diesem Artikel geht es um die richtige Atmung bei gesunden Menschen. Denn auch Gesunde atmen oft unbewusst falsch.
Überblick: Welche Atemtechniken gibt es?
In diesem Artikel stellen wir Ihnen folgende 10 Atemtechniken vor:
- 1. 4-7-8-Atmung
- 2. Torwartstellung
- 3. Kutschersitz
- 4. Bienen-Atmung
- 5. Lippenbremse
- 6. Bewusste Bauchatmung
- 7. Schülersitz
- 8. Wechselatmung
- 9. Wandstellung
- 10. Paschasitz
Bevor wir uns die einzelnen Atemtechniken genauer ansehen, widmen wir uns noch den wichtigsten Informationen zur Atmung selbst.
Welche Formen der Atmung gibt es?
Für ein genaueres Verständnis dafür, wie wir atmen, lassen sich diese grundlegenden Formen der Atmung unterscheiden:
- Nasenatmung: Der Luftstrom gelangt bei der Einatmung von den Nasenlöchern in die Haupthöhle der Nase und findet über den Rachenraum seinen Weg in die unteren Atemwege. Von dort gelangt die Luft auf gleichem Weg bei der Ausatmung wieder über die Nase zurück.
- Mundatmung: Bei dieser Atmung gelangt die Einatemluft durch die Mundhöhle und den Rachen direkt in die unteren Atemwege. Im Gegensatz zur Nasenatmung wird die Luft bei der Mundatmung nicht im gleichen Maße gereinigt, angefeuchtet und erwärmt.
- Brustatmung: Die Muskeln der Zwischenrippen werden zur Einatmung angespannt, wodurch sich der Brustraum erweitert. Brustkorb und Rippen heben sich. Die Lungenflügel dehnen sich aus.
- Bauchatmung: Diese Form der Atmung wird auch Zwerchfellatmung genannt. Der Brustraum wird dabei nach unten vergrößert, die Lungenflügel dehnen sich ebenfalls nach unten aus.
In den meisten Fällen kombinieren wir Menschen die unterschiedlichen Formen der Atmung und atmen durch Nase, Mund in Brust und Bauch.
Folgen einer ungünstigen Atmung
Aber auch bei gesunden Menschen kann es dazu kommen, dass „falsch“ geatmet wird. Wenn wir permanent angespannt sind, unter Druck stehen, Stress haben, Ängste ausstehen oder unser Tag von innerer Unruhe und Nervosität geprägt ist, kann die Atmung flacher sein. Aber auch eine ungünstige Sitzhaltung oder ein Mangel an Bewegung kann zu einer Verflachung der Atmung führen. Das ist problematisch. Denn normalerweise gelangen jede Minute bis zu 75 Liter Luft in unseren Körper, wenn wir tief atmen. Bei einer zu flachen Atmung können es hingegen zum Teil nur mehr sieben bis zehn Liter pro Minute sein. Die möglichen Folgen von „falscher“ zu flacher Atmung sind:
- Schlechtere Sauerstoffversorgung des Gehirns
- Verspannungen
- Kopfschmerzen
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Probleme mit dem Kreislauf
- Müdigkeit
Eine eingeschränkte Atmung wird als Hypoventilation bezeichnet.
Auch das Gegenteil führt zu körperlichen Beschwerden. Bei der sogenannten Hyperventilation kommt es zu einer vertieften oder zu einer beschleunigten Atmung zum Beispiel in Folge starker Aufregung. Bei dieser Form der Atmung wird vermehrt Kohlendioxid abgeatmet, was unter anderem folgende Symptome nach sich ziehen kann:
- Krämpfe in den Muskeln
- Schwindel
- Ohnmacht
- Gefühle von Panik
- Gesteigerte Atemfrequenz
- Parästhesie (körperliche Missempfindung)
Welche Atemtechnik ist die beste?
Diese Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Das verdeutlich schon der Blick darauf, in wie vielen Bereichen eine spezielle Atmung erforderlich sein kann. Wer bei Google „Richtige Atmung bei“ eingibt, sieht gleich die verschiedenen Gebiete wie z. B.:
- Richtige Atmung beim Krafttraining
- Richtige Atmung beim Laufen
- Richtige Atmung beim Sport
- Richtige Atmung bei der Geburt
- Richtige Atmung beim Rudern
- Richtige Atmung beim Singen
- Richtige Atmung beim Schwimmen
- Richtige Atmung bei Stress
- Richtige Atmung bei Yoga
Je nachdem, was durch die Atemtechnik erreicht werden soll, sind unterschiedliche Atemtechniken angezeigt. Empfehlenswert ist, sich in jedem einzelnen Bereich die empfohlene Atmung näher anzusehen und im Bedarfsfall auch professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. So werden in Geburtsvorbereitungskursen spezielle Atemtechniken für die unterschiedlichen Phasen der Entbindung vermittelt und in Trainingseinheiten, die sich z. B. mit dem richtigen Laufen befassen, erfahren Sie häufig auch Wissenswertes zu Atemtechniken, die bei Sporteinheiten für die richtige Sauerstoffzufuhr hilfreich sind.
Im Folgenden widmen wir uns 10 Atemtechniken, die besonders im Hinblick auf Entspannung im Alltag relevant sein können. Bewusste Atemübungen zwischendurch können sowohl dem Körper als auch der Psyche guttun. Wenn Sie etwas Stress abbauen, Fokus finden oder schlicht durch bewusstes, tiefes Atmen Energie tanken wollen, können Sie folgende Atemtechniken ausprobieren.
1. Was bringt die 4-7-8-Atmung?
Die sogenannte „4-7-8“-Atemtechnik soll Angstzustände reduzieren sowie Stress verringern und sogar beim Einschlafen helfen. Sie ist eine Möglichkeit, um eine regelmäßige, ganz bewusste und tiefe Atmung zu praktizieren.
Anleitung 4-7-8-Atmung:
- Setzen Sie sich entspannt hin.
- Atmen Sie für 4 Sekunden tief durch die Nase ein.
- Halten Sie die Luft für 7 Sekunden an.
- Atmen Sie nun vollständig 8 Sekunden lang aus.
- Wiederholen Sie diesen Vorgang zu Beginn vier- bis fünfmal, zum Beispiel ein- bis zweimal täglich.
4 Sekunden einatmen – 7 Sekunden halten – 8 Sekunden ausatmen.
2. Torwartstellung
Die Torwartstellung ist eine Körperhaltung, welche die Atmung erleichtert. Sie kann in Situationen praktiziert werden, in der Sie das Gefühl haben, in eine tiefere Atmung kommen zu wollen. Stellen Sie sich dazu mit festem Stand hin.
Anleitung Torwartstellung:
- Die Füße sollten etwa hüftbreit auseinander stehen.
- Beugen Sie die Knie leicht.
- Drehen Sie die Fußspitzen leicht nach außen.
- Beugen Sie den Oberkörper nach vorne.
- Stützen Sie die Hände bei gestreckten Armen auf den Oberschenkeln ab.
- Die Wirbelsäule bildet nun mit dem Kopf eine gerade Linie.
- Atmen Sie in dieser Position ruhig ein und aus.
Dabei wird Raum in Bauch und Brustkorb gebracht, was die tiefere Atmung erleichtert.
3. Kutschersitz
Ebenso um eine gerade Wirbelsäule und damit um einen weiten Brustkorb geht es in der Atemtechnik mit dem Namen „Kutschersitz“. Sie hat ihren Namen tatsächlich von gerade sitzenden Kutschern bei der Arbeit.
Anleitung Kutschersitz:
- Setzen Sie sich dafür auf einen Stuhl oder eine Bank, sodass Ihre Knie in etwa einen rechten Winkel bilden.
- Die Zehenspitzen sind leicht nach außen gerichtet, die Füße hüftbreit voneinander entfernt.
- Beugen Sie sich im Becken mit dem Oberkörper nach vorne.
- Stützen Sie die Ellenbogen bequem auf den Oberschenkeln ab.
- Die Wirbelsäule und der Kopf sind gerade in einer Linie.
- Atmen Sie langsam und in Ruhe.
Ähnlich wie Torwartstellung nur im Sitzen. Schafft mehr Raum für tiefes Atmen in den Brustkorb.
4. Bienen-Atmung
Eine hilfreiche Atemübung, die aus dem Yoga stammt, ist die sogenannte Bienenton-Atmung. In der Yoga-Lehre soll sie nicht nur für die Reduktion von Stress und Blutdruck sorgen, sondern auch die Konzentration steigern. Bei der Bienenton-Atmung erzeugen Sie auch tatsächlich einen Ton, sodass Sie einen geeigneten Ort dafür benötigen.
Anleitung Bienenatmung:
- Stellen Sie sich aufrecht hin.
- Entspannen Sie die Muskeln, vor allem jene im Gesicht.
- Legen Sie den linken und den rechten Zeigefinger auf die Knorpel zwischen Ohrmuschel und Wange.
- Atmen Sie tief durch die Nase ein.
- Bei der Ausatmung machen Sie ein lautes Summ-Geräusch wie eine Biene.
- Drücken Sie dabei ganz sanft immer wieder auf Ihren Ohrknorpel.
- Wiederholen Sie diese Ein- und Ausatmung etwa sechs Mal.
5. Lippenbremse
Die Lippenbremse ist eine Atemtechnik, die vorwiegend bei Krankheiten mit verengten Atemwegen und bei akuten Atembeschwerden eingesetzt wird. Die Lippenbremse kann allerdings auch eine Atemtechnik für ein paar bewusste Atemmomente zwischendurch sein oder für Beruhigung während einer Panikattacke sorgen.
Anleitung Lippenbremse:
- Legen Sie Ihre Lippen ganz entspannt aufeinander.
- Es entsteht nur mehr ein schmaler Spalt zwischen Ober- und Unterlippe.
- Atmen Sie nun durch die Nase ein und
- ruhig durch die so verengte Atemöffnung zwischen den Lippen wieder aus.
Die Lippenbremse wirkt beruhigend und lässt Sie den Atem unter Kontrolle bringen.
6. Bewusste Bauchatmung
Die Bauchatmung bzw. Zwerchfellatmung ermöglicht uns eine besonders ruhige und entspannte Form des Atmens, die weniger Energie verbraucht. Um zu einer bewussten Bauchatmung zu gelangen, können Sie diese Technik anwenden.
Anleitung Bauchatmung:
- Setzen oder legen Sie sich bequem hin.
- Legen Sie eine Hand oder beide Hände sanft auf Ihren Bauch.
- Atmen Sie so, dass sich Ihre Hände heben und senken.
- Versuchen Sie nun, immer tiefer in den Bauch hinein zu atmen.
- Lassen Sie Ihre Hände den Bewegungen der Bauchdecke folgen.
Die bewusste Bauchatmung kann zur Entspannung verhelfen, indem sich die Muskeln im Körper dabei ebenfalls entspannen.
7. Schülersitz
Was man in der Schule nicht durfte, kann das Atmen deutlich erleichtern. Diese Atemtechnik heißt „Schülersitz“. Auch diese Übung kann dabei helfen, in eine tiefere Atmung zu kommen.
Anleitung Schülersitz:
- Setzen Sie sich dafür verkehrt herum und breitbeinig auf einen Sessel.
- Beugen Sie den Oberkörper nach vor und legen Sie Ihre Unterarme auf der Rückenlehne ab.
- Nun lassen Sie Ihren Kopf sinken, so dass er auf Ihren Unterarmen bzw. auf Ihren Handrücken entspannt liegen kann.
- Atmen Sie in dieser Position so lange ein und aus, bis Sie sich ruhiger fühlen.
8. Wechselatmung
Atmung und Atemtechniken sind ein zentraler Bestandteil der meisten Yoga-Praktiken. Wie die Bienenton-Atmung kommt auch die Wechselatmung aus dem Yoga. Sie soll für die Harmonisierung von Körper und Geist sowie für Ausgeglichenheit und Ruhe sorgen. Für diese Atmung halten Sie sich mit Daumen und Ringfinger einer Hand jeweils ein Nasenloch zu und atmen durch das jeweils andere ein bzw. aus. Das Ein- und Ausatmungsmuster soll dabei einer liegenden Acht folgen, das heißt, Sie halten sich das rechte Nasenloch zu und atmen links ein. Danach halten Sie sich das linke Nasenloch zu und atmen rechts aus. Rechts wieder einatmen, danach rechtes Nasenloch zuhalten und dann links wieder ausatmen.
9. Wandstellung
Die Wandstellung ist genauso wie der Kutschersitz oder die Torwartstellung eine Möglichkeit, für einen weiten Brustkorb zu sorgen. Gleichzeitig ermöglichen diese Techniken, dass die Rumpfmuskeln das Atmen besser unterstützen können, da sie durch die Gewichtsabstützung von Armen und Schultergürtel mehr Kapazität zur Verfügung haben. Genauso wie Kutschersitz und Torwartstellung ermöglicht auch die Wandstellung eine Verbesserung der Bauchatmung.
Anleitung Wandstellung:
- Stellen Sie sich dafür vor eine Wand.
- Bringen Sie Ihre Beine in eine Schrittposition.
- Heben Sie die Arme so, dass Sie sich mit den Unterarmen an der Wand abstützen können.
- Beugen Sie Ihren Oberkörper leicht nach vorne.
- Legen Sie nun Ihren Kopf auf den Unterarmen an der Wand ab.
- Atmen Sie in Ruhe ein und aus.
10. Paschasitz
Auch bei dieser Atemtechnik geht es darum, dem Körper eine ideale Position für eine tiefe, ruhige Atmung zu ermöglichen. Der Name ist auch hier Programm. Benötigt wird hierfür ein Sessel, auf dem Sie es sich idealerweise mit Armlehnen gemütlich machen und sich bequem anlehnen können. Setzen Sie sich dafür so hin, dass Sie sowohl Kopf als auch Rücken an der Lehne abstützen können. Die Beine lassen Sie möglichst locker. Die Arme legen Sie auf den dafür vorgesehenen Armlehnen ab. Mit Kissen auf den Armlehnen, die eine zusätzlich leichte Erhöhung bieten, können Sie den Effekt noch steigern. Nehmen Sie ein paar bewusste, langsame und tiefe Atemzüge in dieser Position, bis Sie sich besser fühlen.
Zusammenfassung: 10 Atemtechniken für den Alltag
Im schnellen Überblick: Diese 10 Atemtechniken sorgen für eine bewusstere, tiefere Atmung und können zum Teil für mehr Ruhe sowie mehr Energie sorgen.
4-7-8-Atmung | Vier Sekunden einatmen, sieben Sekunden Luft anhalten. Acht Sekunden ausatmen. Vier- bis fünfmal wiederholen. |
Torwartstellung | Füße hüftbreit auseinander aufgestellt, Arme durchgestreckt auf den Oberschenkeln abgestützt, Oberkörper in gerader Linie nach vorne gebeugt. |
Kutschersitz | Hinsetzen, Füße hüftbreit aufgestellt, Ellenbogen auf Oberschenkeln abstützen, Wirbelsäule und Kopf als Verlängerung gerade. |
Bienenton-Atmung | Finger liegen sanft auf Ohrknorpeln, beim Ausatmen wird der Summton einer Biene nachgemacht. |
Lippenbremse | Man atmet durch die Nase ein und durch einen kleinen Spalt zwischen Ober- und Unterlippe aus. |
Bewusste Bauchatmung | Eine Hand auf den Bauch legen und bewusst in den Bauch atmen, sodass sich die Hand spürbar hebt und senkt. |
Schülersitz | Verkehrt herum auf einen Sessel setzen, Beine links und rechts von der Sitzfläche, Unterarme auf Rückenlehne abgelegt, Kopf auf den Armen. |
Wechselatmung | Durch ein Nasenloch einatmen und durch das andere wieder aus. Daumen und Ringfinder verschließen je das andere Nasenloch. |
Wandstellung | In Schrittstellung vor einer Wand den Oberkörper leicht nach vorne beugen und mit Unterarmen an der Wand abstützen, Kopf auf Armen ablegen. |
Paschasitz | Auf Sessel mit Rückenlehne so hinsetzen, dass Kopf und Oberkörper gestützt sind, Arme auf möglichst höherer Armlehne ablegen. Beine locker lassen. |
Quellen:
lungenaerzte-im-netz.de, Die einzelnen Atembewegungen (abgerufen am 07.11.2023)
lungenaerzte-im-netz.de, Flaches Atmen schadet der Gesundheit (abgerufen am 07.11.2023)
leichter-atmen.de, Atemerleichternde Haltungen bei Atemnot (abgerufen am 07.11.2023)
hno-aerzte-im-netz.de, Die Nasenatmung (abgerufen am 07.11.2023)
atemwegserkrankungen.net, Atemtechniken bei Atemnot (abgerufen am 07.11.2023)
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