Boreout: Wenn Langeweile gefährlich wird
Dass chronische Überforderung zum Ausgebranntsein führen kann, das weiß man heute. Dass das Gegenteil genauso gefährlich für die Psyche werden kann, ist dabei weniger bekannt. Hier lesen Sie alles, was Sie über Boreout wissen müssen.
Langeweile soll gefährlich werden können? Hä? Doch die Antwort ist ganz klar: Ja. Denn chronische Langeweile und permanente Unterforderung können unsere Psyche ähnlich stark belasten wie das Gegenteil, das Burnout.
Was genau ist eigentlich ein Boreout?
Das Wort Boreout kommt vom englischen Wort „Boredom“, das Langeweile bedeutet. Während ein Burnout das sogenannte Ausgebranntsein beschreibt, könnte man das Boreout vorsichtig mit „Ausgelangweiltsein“ übersetzen. Dahinter steckt der von unterschiedlichen Psychotherapeuten und Psychologen beschriebene Zustand von Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit aufgrund unterfordernder Aufgaben und mangelnder Wertschätzung im Arbeitsumfeld. Es ist so gesehen das Gegenstück zum Burnout, weist auch ähnliche Symptome auf und entsteht meist genauso schleichend.
Mögliche Gründe für ein Boreout
Unterforderung ist ein breites Thema, das von jedem Menschen individuell wahrgenommen wird. Nicht jeder, der eine monotone, langweilige Arbeit verrichtet, muss in ein Boreout schlittern, denn das Syndrom hat viel damit zu tun, wie man selbst zu seiner Tätigkeit im Berufsleben steht. Wer ein erfülltes Privatleben mit zahlreichen sinnstiftenden Hobbys hat und einer möglicherweise unterfordernden Arbeit ganz bewusst gerne nachgeht, wird kaum vom Boreout betroffen sein. Problematisch kann es dann werden, wenn Menschen Erfüllung im Beruf suchen, die Ihnen die derzeitige Position nicht bietet. Mögliche Ursachen für ein Boreout können daher sein:
- Sinnverlust in der Arbeit: Wer keinen Sinn in seiner Tätigkeit sieht und sich beginnt, zu fragen, wofür er hier eigentlich acht Stunden täglich arbeitet, kann beginnen, sich ungesund im Job zu langweilen.
- Mangelnde Wertschätzung: Wer seitens des Arbeitgebers nie positive Rückmeldungen zu seiner Leistung erhält, wird sich ebenso irgendwann die Sinnfrage stellen.
- Aufgabe entspricht nicht den Interessen: Wer langfristig Tätigkeiten ausführt, die weder mit seinen Interessen, noch mit seinen Stärken oder Karrierewünschen zu tun haben, kann auf Dauer in ein Boreout rutschen.
- Ungesundes Arbeitsklima: Wer Angst vor Kündigungen hat, wenn er mit seinen Vorgesetzten über mangelnde Auslastung spricht, neigt dazu, zu versuchen, sich mit der Langeweile abzufinden. Auch hier können Gründe für ein Boreout zu finden sein.
Welche Symptome bei Boreout?
Da das Boreout-Syndrom bisher aber noch nicht in das Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen (ICD) der WHO aufgenommen wurde, fehlt eine eindeutige Checkliste, was genau ein Boreout nun ausmacht. Trotzdem ähneln sich die von unterschiedlichen Therapeuten beschriebenen Symptome des Boreouts und können wie folgt zusammengefasst werden.
Niedergeschlagenheit |
Sich ständig grüblerisch zu fühlen, eine gewisse Traurigkeit, so als hinge eine Wolke über einem. |
Antriebslosigkeit |
Es fällt schwer oder wird unmöglich, sich für Dinge aufzuraffen. |
Selbstzweifel |
Man lässt kein gutes Haar an sich, fühlt sich nicht mehr als wertvolles Mitglied der (Arbeits-)Gesellschaft. |
Schlaflosigkeit |
Es kommt zu Einschlaf-, oder Durchschlafproblemen. |
Erschöpfung |
Man fühlt sich chronisch erschöpft, was umso zermürbender wirkt, da man sich ja eigentlich unterfordert fühlt. |
Auf den ersten Blick ist das Boreout vom Burnout also nur schwer zu unterscheiden. Für eine passende Therapie ist daher wichtig, herauszufinden, ob Über- oder Unterforderung die Symptome ausgelöst hat.
Erste Warnzeichen für ein mögliches Boreout
Doch zu diesen Symptomen muss es gar nicht erst kommen, wenn zeitgerecht ein bewussterer Umgang mit der eigenen Unterforderung gefunden und Warnsignale erkannt werden, können Sie bewusst handeln und mit Ihrem Vorgesetzten über zusätzliche oder spannendere, eher Ihren Qualifikationen entsprechende Tätigkeiten sprechen. Oder aber, Sie beginnen, sich am Arbeitsmarkt nach neuen Perspektiven umzusehen, wenn Sie das Gefühl haben, Sie könnten sich am Beginn eines Boreouts befinden. Erste Anzeichen dafür können sein:
- Sie fühlen sich immer häufiger absolut gelangweilt von Ihrer Tätigkeit.
- Die Motivation, etwas zu tun, lässt in der Arbeit merklich nach.
- Sie haben ein unangenehmes Gefühl in der Arbeit, das länger anhält.
- Sie ziehen sich immer öfter in Ihr Büro zurück.
- Obwohl wenig zu tun ist, passieren Ihnen immer häufiger Fehler.
- Sie schieben einen Papierberg von links nach rechts, starren auf Excel-Listen und möchten mit keiner Ihrer Tätigkeiten beginnen.
- Sie merken, dass auch die eigentlich unterfordernde Tätigkeit langsam nur mehr schleppend voran geht – Ihre Leistung lässt nach.
Gefahren von Boreout
Sich ein wenig zu langweilen, das kann doch nicht so schlimm sein, oder? Jein. Ruhigere und langweiligere Phasen im Job gehören immer wieder dazu. Und ja, ab und zu darf man sich im Beruf auch langweilen. Doch wird aus dieser gelegentlichen Langeweile ein chronischer Zustand zu dem sich ein spürbarer Sinnverlust gesellt und lässt die Leistung dadurch kontinuierlich ab, kann es durchaus gesundheitlich bedenklich werden. Chronische Unterforderung kann wie Überforderung ernstzunehmenden Stress erzeugen. Da sich Burnout und Boreout symptomatisch sehr ähnlich sind, kann aus dem Syndrom auf Dauer eine Depression entstehen. Es ist also wichtig, es so weit gar nicht erst kommen zu lassen.
Was können Sie gegen Boreout tun?
Um einem beginnenden Boreout vorzubeugen oder um das Boreout-Syndrom hinter sich zu lassen, können folgende Wege hilfreich sein.
Therapie und Beratung |
Befinden Sie sich wirklich an der für Sie richtigen Job-Position? Wie sinnstiftend empfinden Sie Ihre Tätigkeit und welche möglichen Auswege aus der chronischen Unterforderung kann es für Sie geben. In einer Therapie oder Beratung beantworten Sie diese Fragen für sich. |
Erfassen der Ist-Situation |
Beobachten Sie sich für eine Zeit im Job genau, führen Sie gegebenenfalls ein Tagebuch: Welche Aufgaben erledigen sie? Welche vielleicht lieber als andere? Beobachten Sie, welche Aufgaben oder Situationen dazu führen, dass Sie sich unwohl fühlen. Hinterfragen Sie für sich, was es in diesem Unternehmen oder an dieser Position für Sie brauchen würde, dass Sie wieder motiviert an die Arbeit gehen können. Die Ist-Situation klar zu erfassen, ist eine wichtige Voraussetzung, um daran etwas zu verändern. |
Mut zur Veränderung |
Wenn Sie für sich zu der Erkenntnis kommen, dass Sie Ihre äußere Situation verändern müssen, um wieder Motivation zu empfinden, braucht es dafür Mut. Mut heißt aber nicht gleich, sofort zu kündigen. Vielleicht wollen Sie erstmal Bewerbungen schreiben? Oder aber Sie fassen den Mut, sich mit Ihrem Arbeitgeber darüber auszutauschen, welche Ideen Sie dazu haben, zusätzliche oder andere Aufgaben für das Unternehmen zu übernehmen. |
Anerkennung und Sinn finden |
Mangelnde Wertschätzung im Beruf sowie mangelnder Sinn im Job können ein Boreout begünstigen. Ein Ausgleich dazu könnte sein, sich abseits der Arbeit Inhalte zu schaffen, die für Sie sinnstiftend sind und bei denen Sie sich wertgeschätzt und anerkannt fühlen. Vielleicht wollten Sie schon immer in einem Verein ehrenamtlich tätig sein oder ein bestimmtes Projekt mit Ihrem Engagement unterstützen. Es könnte jetzt hilfreich sein, genau das umzusetzen. |
Stressausgleich |
Durch Unterforderung ausgelöster chronischer Stress verursacht Unzufriedenheit. Es mag paradox klingen, aber auch bei einem Boreout ist es wichtig, dass Sie sich einen Ausgleich schaffen. Autogenes Training, bewusste Spaziergänge und Unternehmungen, die dazu geeignet sind, dass Sie sich gut und leicht fühlen, können hier ein wichtiges Gegengewicht darstellen. Erlauben Sie sich, hier bewusster für sich da zu sein. |