Österreich gilt als die Wiege des Begriffs der Pharmakognosie und als Heimat von namhaften Forschenden in diesem Bereich. Das Teilgebiet der Pharmazie beschäftigt sich mit der Frage, wie aus lebenden (biogenen) Materialien wertvolle Arzneimittel gewonnen werden können. Unter dem Begriff „biogen“ werden beispielsweise Pflanzen und Pilze verstanden.
Die Pharmakognosie (Pharmazeutische Biologie) umfasst sowohl die Theorie als auch die Praxis von pflanzlichen und tierischen Arzneistoffen. Ziel der Pharmakognosie ist es, eine wissenschaftliche Basis dafür zu finden, qualitativ hochwertige biogene Arzneimittel zu erforschen und herzustellen. Die Pharmakognosie ist damit ein ungemein wichtiges Forschungsgebiet in der Phytotherapie, das dazu beiträgt, Arzneipflanzen vollumfänglich zu erforschen und somit pflanzliche Arzneimittel wirksam und sicher auf den Markt zu bringen. Sie liefert die Basis für die moderne, wissenschaftsbasierte Pflanzenmedizin.
Dieser Artikel liefert Ihnen Antworten auf die folgenden Fragen:
Was bedeutet Pharmakognosie?
Das Wort Pharmakognosie setzt sich aus den altgriechischen Begriffen für pharmakon (φάρμακον) und gnōsis (γνῶσις) zusammen. Ersteres bedeutet so viel wie „Heilmittel“ bzw. „Gift“, das zweite Wort steht für „Kenntnis“ bzw. „Erfahrung“. Pharmakognosie wird auch als Phytopharmazie, Drogenkunde oder pharmazeutische Biologie bezeichnet. Die Pharmakognosie ist ein Teilbereich der Pharmazie. Im Gegensatz zur Pharmazeutischen Chemie beschäftigt sie sich mit lebenden Materialien, die aus der belebten Natur stammen. Man nennt sie auch biogene Substanzen. Darunter versteht man wiederum Arzneimittel, Giftstoffe oder pharmazeutische Drogen, die aus Pflanzen, Pilzen, Bakterien oder tierischen Bestandteilen stammen. Die American Society of Pharmacognosy definiert die Pharmakognosie etwas weiter gefasst: Sie beschreibt die Pharmakognosie als Wissenschaft, die Naturstoffmoleküle erforscht, die aufgrund medizinischer, ökologischer, geschmacklicher oder sonstiger funktioneller Eigenschaften von Nutzen sind.
Das Forschungsgebiet der Pharmakognosie unterliegt einem ständigen Wandel, da es sich kontinuierlich durch neue wissenschaftliche Bereiche und Technologien weiterentwickelt. Das Fachgebiet gilt als Wissenschaftsbereich, der an der Schnittstelle verschiedener sich ergänzender Disziplinen steht. Die Abteilung für Pharmakognosie der Universität Wien betreibt pharmazeutische Forschung mit Schwerpunkt auf Naturstoffen aus Heilpflanzen und Mikroorganismen. Die Hauptaufgaben der Abteilung sind sowohl die Entdeckung neuer biologisch aktiver Verbindungen aus natürlichen Quellen als auch die Charakterisierung ihrer molekularen Wirkungsweise. Dadurch entsteht ein besseres Verständnis der Wechselwirkung von Naturstoffen und komplexen zellulären Systemen. Das Ziel dabei ist die Identifizierung von pharmazeutischen Strukturen, die zur Verbesserung der Qualität pflanzlicher Arzneimittel sowie für die nachhaltige Produktion von Naturstoffen durch biotechnologische Ansätze beitragen sollen.
Das Aufgabengebiet in der Pharmakognosie ist ein enorm breites, zu dem unter anderem die folgenden Schwerpunkte gehören:
Analyse von Arzneidrogen
Die Pharmakognosie ist nicht nur heute ein wichtiger Bereich der Pharmazie. Sie gilt sogar als ihr Vorläufer, wenn man bedenkt, dass selbst in den ältesten naturwissenschaftlichen Schriften Bezug auf die Gewinnung und Untersuchung von Arzneidrogen genommen wird. Österreich spielt insbesondere in der jüngeren Geschichte der Pharmakognosie eine bedeutende Rolle: Wien gilt als die Wiege des wissenschaftlichen Begriffs der Pharmakognosie. Geprägt wurde er von Johann Adam Schmidt. Das Lehrbuch des deutsch-österreichischen Arztes wurde nach seinem Tod 1811 veröffentlicht. Er behandelte darin Heilpflanzen sowie ihre Eigenschaften und verwendete darin erstmals die Fachbegriffe „Pharmakodynamik“ und „Pharmakognosie“. Erst ein gutes Jahrhundert später wurde die Pharmakognosie, die heute eine rein pharmazeutische Disziplin ist, von der Medizin losgelöst und in die pharmazeutischen Studiengänge der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien integriert. Während beispielsweise in Deutschland und anderen Ländern die Wissenschaft mittlerweile als Pharmazeutische Biologie bezeichnet wird, ist die Bezeichnung Pharmakognosie an allen staatlichen österreichischen Universitäten bis heute unverändert. Sie umfasst die Wissenschaft, Ausbildung und Lehre in allen pharmazeutischen Bereichen der Naturstoffforschung.
Wie groß der Einfluss österreichischer Forschender in der Pharmakognosie ist, zeigt eine Sonderausgabe der wissenschaftlichen Peer-Review-Fachzeitschrift „Planta Medica“ der Gesellschaft für Arzneipflanzen- und Naturstoff-Forschung (GA). Sie ist unter dem Namen „Special Issue Celebrating the Austrian Pharmacognosy“ (Sonderheft zur Feier der österreichischen Pharmakognosie) im Sommer 2024 erschienen und würdigt die pharmakognostische Forschung an den österreichischen Universitäten im Allgemeinen sowie deren renommierte Vertreter:innen im Speziellen. Zu den Geehrten zählen Univ.-Prof. Mag. Dr. Dr. h.c. Brigitte Kopp, em. o. Univ.-Prof. DI Dr. Chlodwig Franz, Univ.-Prof. Dr. Hermann Stuppner sowie Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Rudolf Bauer, die in der Fachzeitschrift als wahre Vertreter:innen der österreichischen Pharmakognosie bezeichnet werden.
Das Fach Pharmakognosie wird in den Studiengängen der Pharmazie gelehrt, die wiederum in Österreich als Bachelor- und als Masterstudium angeboten werden. Durch den Abschluss des Pharmazie-Masters ist man in Österreich berechtigt, in einer Apotheke zu arbeiten, was viele Pharmazeut:innen nach dem Studium auch tun. Jene, die sich auf die Pharmakognosie spezialisieren, arbeiten allerdings u. a. auch an der Kultur und Zucht von Organismen, die arzneimittelliefernde Stoffe produzieren. Dazu gehören zum Beispiel Bakterien und Pilze, die antimikrobielle Substanzen herstellen. Pharmakognost:innen stehen etwa auch Berufe in der Toxikologie offen. Dabei geht es um die wissenschaftliche Frage, wie verschiedene Gifte und Schadstoffe auf den Körper wirken.
Hier finden Sie nochmals in aller Kürze die wichtigsten Informationen zur Pharmakognosie:
Definition der Pharmakognosie | Pharmakognosie (Phytopharmazie, Pharmazeutische Biologie) befasst sich mit biogenen Substanzen (Pflanzen, Pilze, Bakterien, tierische Bestandteile) |
Aufgaben der Pharmakognosie | Erforschung und Charakterisierung biologisch aktiver Verbindungen aus lebenden Quellen, Entwicklung biotechnologischer Ansätze, Verbesserung der Qualität pflanzlicher Arzneimittel |
Pharmakognosie-Schwerpunkte | Analyse und Identifikation von Arzneidrogen, Erforschung neuer Wirkstoffe, Entwicklung von Qualitätsstandards, Ethnopharmakologie, Selbstmedikation bei Tieren, Anbau und Ernte von Arzneipflanzen |
Historischer Hintergrund | Begriff geprägt von Johann Adam Schmidt in Wien, Integration in pharmazeutische Studiengänge. Einfluss österreichischer Forschender gewürdigt in „Special Issue Celebrating the Austrian Pharmacognosy“ |
Ausbildung Pharmakognosie | Pharmakognosie als Teil der Pharmazie-Studiengänge in Österreich, Arbeitsmöglichkeiten in Apotheken, Toxikologie, Erforschung von Organismen zur Arzneimittelgewinnung |
Erstellt am: 16.08.2024
Erstellt von: Redaktionsteam Schwabe Austria
Quellen:
Jurenitsch, U. Kastner, Klassische Pharmakognosie — eine Wissenschaft mit Zukunft?, (abgerufen am 27.09.2024)
Universität Wien, Mission Statement, (abgerufen am 27.09.2024)
Doc Check Flexikon, Pharmakognosie, (abgerufen am 27.09.2024)
Special Issue Celebrating the Austrian Pharmacognosy, Planta Med 2024; 90(07/08): 496-497, (abgerufen am 27.09.2024)
The American Society of Pharmacognosy, About the ASP, (abgerufen am 27.09.2024)
Arbeitsmarktservice (AMS) Österreich, PharmazeutIn – Schwerpunkt Pharmakognosie, (abgerufen am 27.09.2024)
Spektrum.de, Arzneien aus Bakterien, (abgerufen am 27.09.2024)