Hirschzungenfarn im Garten
  
  Der Hirschzungenfarn gilt als kleine Besonderheit in unserem Arzneipflanzengarten. Denn er ist der einzige einheimische Farn mit ungefiederten Blättern. Nicht nur in Europa ist der Hirschzungenfarn heimisch. Man findet ihn auch in Nordamerika und Ostasien. Wie alle Farne schätzt auch der botanisch als Asplenium scolopendrium bezeichnete Farn einen kalkhaltigen sowie lockeren Boden an einem halbschattigen bis schattigen Platz. Er zeigt sich bei uns daher etwa in schattigen Schluchtenwäldern.
  
  Da man den Farnen früher weder Keimlinge noch Samen zuordnen konnte, rätselten die Menschen darüber, wie sich der Hirschzungenfarn überhaupt fortpflanzt. Seit dem 19. Jahrhundert wissen wir, dass er sich über Sporen verbreitet, aus denen sich moosartige Vorkeime entwickeln. In vergangenen Zeiten führte die „zauberhaft“ wirkende Verbreitung des Hirschzungenfarns allerdings zu allerhand mystischen Zuschreibungen und Aberglauben. Man nahm beispielsweise an, dass die Blüten und Samen der Farne unsichtbar wären oder nur in einer besonderen Nacht – etwa der Johannisnacht – ihre Samen abwerfen.
Botanik: Hirschzungenfarn auf einen Blick
| Namen: | Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium) | 
| Weitere Bezeichnung: | Hirschzunge, Zunge, Hexenkraut | 
| Familie: | Streifenfarngewächse (Aspleniaceae) | 
| Herkunft: | Europa, Nordamerika, Ostasien | 
| Standortbedingungen: | Halbschatten bis Schatten, auf basisch, kalkhaltigem, gut durchlässigem Boden, findet sich an luftfeuchten und felsigen Standorten wie an Mauern oder Schluchtwäldern | 
| Wuchs: | Flachwurzelnder, horst- und rhizombildender, ausdauernder bis zu 60 cm hoher und 40 cm breiter, winterharter Farn, mit zungenähnlichen, dunkelgrünen, glänzenden Blättern mit kurzem Stiel und herzförmigem Grund, an der Unterseite sind Sporenhäufchen zu finden | 
| Blütezeit: | Entfällt, da er als Farn keine Blüten ausbildet | 
| Einstufung (HMPC) | Keine; siehe Homöopathie. | 
Die zungenförmige Blattform gab dem Hirschzungenfarn seinen deutschen Namen. Der botanische Beiname „scolopendrium“ leitet sich vom griechischen Wort für „kleine Würmer“ – nämlich „skolekes“ – ab. Diese Bedeutung bezieht sich auf das wurmartige Aussehen der zusammenstehenden Sporangien, die beim Hirschzungenfarn – wie bei allen anderen Farnen – auf der Blattunterseite zu finden sind. Sie sind paarweise angeordnet und beim Hirschzungenfarn als braune, streifenförmige Sporenhäufchen auf der Unterseite des Blattes zu erkennen. Aus diesen Sporen werden männliche sowie weibliche Keimzellen gebildet, woraus nach erfolgreicher Befruchtung die neue Pflanze erwächst. Im Mittelalter schrieb man der Pflanze durch diesen noch unbekannten Fortpflanzungsmechanismus allerhand magische und schließlich auch heilende Kräfte zu. So sollte man mit dem Farn Hexerei, Unwetter und Zauber fernhalten und sich sogar unsichtbar damit machen können. Hildegard von Bingen empfahl ein Pulver aus der Hirschzunge bei heftigen Schmerzen, Kopfweh und schmerzender Brust. Auch offene Wunden, Lebererkrankungen und Hustenzustände wurden mit dem Hirschzungenfarn behandelt.
Hirschzungenfarn in unserem Arzneipflanzengarten
Um den Hirschzungenfarn selbst zu vermehren – wie etwa für den Arzneipflanzengarten bei Schwabe Austria – können sogenannte Rhizomstecklinge sowie einfache Blattstecklinge verwendet werden. Auch wenn dem Hirschzungenfarn in der Volksmedizin eine Vielzahl heilbringender Wirkungen zugeschrieben wurden, kommt er als modernes Phytotherapeutikum derzeit nicht zum Einsatz. Mangels Blüten bietet der Hirschzungenfarn auch keinen Nektar für Bienen und andere Insekten aus. Warum ist der Farn demnach überhaupt ein Bestandteil unseres liebevoll angelegten Arzneipflanzengartens? Die Antwort ist ganz einfach: Er ist eine ökologisch wertvolle Pflanze, die in der Lage ist, auch humusarme und steinige Plätze zu besiedeln. Darüber hinaus verträgt der Hirschzungenfarn sogenannten Wurzeldruck und eignet sich damit ideal als Unterwuchs für Gehölzgruppen. Optisch ist der Hirschzungenfarn eine reizvolle Möglichkeit, um schattige Beete oder Steingärten zu verzieren. Bei der Pflege des Hirschzungenfarns ist es wichtig, besonders im Sommer auf ausreichende Bewässerung zu achten, ohne dabei Staunässe zu erzeugen. Diese kann für den Farn rasch gefährlich werden.
Eigenschaften: Hirschzungenfarn in der Volksmedizin
Wiewohl der Hirschzungenfarn insbesondere im Mittelalter zu allerlei Heilzwecken eingesetzt wurde, spielt er aktuell in der Phytotherapie keine wesentliche Rolle. Verwendung findet der Hirschzungenfarn allerdings weiterhin in der Homöopathie, wo er unter dem Arzneimittelnamen „Scolopendrium“ „Scolopendrium vulgare“, „Phyllitis scolopendrium“ oder „Asplenium scolopendrium“ in verschiedenen Potenzen erhältlich ist. Zu Zubereitung von Hausmitteln aus dem Hirschzungenfarn kann nicht geraten werden, denn er gilt als schwach giftig.
Hirschzungenfarn im Mittelalter:
In der Volksmedizin kam der Hirschzungenfarn auf vielfältige Arten zum Einsatz, die jedoch heute nicht als medizinisch anerkannte Wirkungen in der evidenzbasierten Phytotherapie gelten. Zu den insbesondere im Mittelalter geltenden Anwendungsbereichen gehörten unter anderem: Schmerzlinderung, Wundheilung, Husten.
Medizinische Anwendungen
Hirschzungenfarn ist in der wissenschaftsbasierten Pflanzenheilkunde aktuell für kein medizinisches Anwendungsgebiet anerkannt. Daher sollten Sie auch von der Zubereitung eigenständiger Hausmittel aus der Pflanze jedenfalls Abstand nehmen.
Hinweis:
Achten Sie beim Kauf von pflanzlichen Produkten auf die Qualität. Nur bei einem Arzneimittel können Sie sicher sein, dass Qualität und Wirkungsprofil zur Behandlung passen. Die Phytotherapie ist nämlich: die Behandlung einer Erkrankung / Beschwerde mit einem pflanzlichen Arzneimittel. Pflanzliche Arzneimittel sind genau wie andere Medikamente zu sehen.
Tipp:
Lesenswerte Pflanzen-Porträts finden Sie des Weiteren in Fritz-Gameriths-Phytoblog.
Autoren: Redaktionsteam Schwabe Austria
Erstellt am: 26.11.2024
Aktualisiert am: 02.04.2025
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